Kölner Katholikenausschuss zur Demo "Ein Europa für alle"

"Christliche Grundwerte in Gefahr"

Unter dem Motto "Ein Europa für alle" haben am Sonntag in deutschen Städten tausende Menschen gegen Nationalismus demonstriert. Auch Gregor Stiels vom Katholikenausschuss der Stadt Köln war dabei. Denn als Christ müsse man nun etwas tun.

Demonstrationen für Europa – Frankfurt/Main  / © Andreas Arnold (dpa)
Demonstrationen für Europa – Frankfurt/Main / © Andreas Arnold ( dpa )

DOMRADIO.DE: "Ein Europa für alle – Deine Stimme gegen Nationalismus", unter dem Motto standen die Demonstration und ein Sternmarsch gestern in Köln und vielen anderen Städten. Wie war die Stimmung?

Gregor Stiels (Vorsitzender des Katholikenausschusses in der Stadt Köln): Die Stimmung war, wie sie in Europa eigentlich sein sollte: fröhlich, ausgelassen und bunt.

DOMRADIO.DE: Warum haben Sie vom Katholikenausschuss mitgemacht?

Stiels: Weil wir als katholische Kirche das, was gerade in Europa passiert, nicht mehr so durchgehen lassen können. Ich sehe die Grundwerte der Europäischen Union, die konform und stark mit den christlichen Grundwerten einhergehen, stark gefährdet.

DOMRADIO.DE: Das heißt, die europäischen Werte sind gleichzusetzen mit christlichen Werten?

Stiels: Wir können das, was im Artikel 2 des Europavertrags über Gleichheit, Demokratie und Menschenrechte steht, mit der Charta Oecumenica vergleichen, die schon 2001 in Straßburg verabschiedet wurde. Da steht drin, dass wir als Kirchen den Prozess der Demokratisierung in Europa fördern wollen. Wir wollen uns für eine Friedensordnung und gewaltfreie Konfliktlösungen engagieren, aber auch jede Form von Gewalt gegen Menschen verurteilen. Wir möchten für die soziale Gerechtigkeit zwischen den Völkern eintreten und die Kluft zwischen Arm und Reich überwinden. Das sind Werte, die wir als christliche Kirchen hinterlegt haben. Wenn wir uns aber Europa mal anschauen, muss man sagen: Da gibt es noch viel zu tun.

DOMRADIO.DE: Was sind denn die drängendsten Themen, die Katholiken nach vorne bringen müssen?

Stiels: Wenn man sich anschaut, wie gerade in Europa miteinander gesprochen wird und wie Themen aufgegriffen werden, dann dürfen wir als Christen nicht mehr still sitzen. Deswegen waren wir auch gestern dabei. Wenn ich sehe, wie mit Wut, Hass und Antisemitismus Wahlkampf gemacht wird, aber auch – das kann man jetzt aktuell in Österreich sehen – wie Rechtsstaatlichkeit eigentlich keinen Grundwert für Nationalisten und Populisten bildet, wie ein Wettrennen zum Abgrund gestartet wurde, in dem versucht wird, die schlechtesten Rahmenbedingungen zu geben, damit Menschen nicht zu uns nach Europa kommen wollen, weil sich überall herumspricht, dass es in den Lagern einfach unmenschlich zugeht, dann sind das alles Dinge, die uns wirklich sehr wachrütteln sollten, damit das sehr schnell geändert wird.

DOMRADIO.DE: Was meinen Sie, wie kann man generell für das Wählen sensibilisieren und Werbung machen?

Stiels: Ich denke, das war gestern ein gutes Beispiel dafür. Viele haben aufgerufen. Nicht nur Kirchen, sondern auch Gewerkschaften und 70 Initiativen und Verbände waren es bundesweit. Das ist schon mal ein guter Anfang. Die Medien müssen darüber berichten und wir müssen auch Einfluss auf die Politiker nehmen, dass die Dinge, die uns für Europa wichtig sind, umgesetzt werden.

Die Menschen, die gerade Wut und Hass schüren, haben starke Stimmen und sind sehr laut. Aber ich glaube, wir sind mehr. Die, die diese Grundrechte, diese Werte, die christlichen Werte, beanspruchen, sind mehr. Und wenn wir wollen, dass auf Grundlage dieser Werte Politik gemacht wird, dann müssen wir zur Wahl gehen. Denn wenn wir nicht wählen gehen, wählen wir auch unsere christlichen Werte ab.

Das Interview führte Verena Tröster.


Gregor Stiels / © Viola Kick (DR)
Gregor Stiels / © Viola Kick ( DR )
Quelle:
DR
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