Die frühgotische Pariser Bischofskirche Notre-Dame ist ein Wahrzeichen von Paris. Vielen gilt sie als Inbegriff von Frankreichs Kathedralen. Sie liegt exponiert auf der Seine-Insel Ile de la Cite im historischen Zentrum und wird pro Jahr von rund 12 bis 14 Millionen Menschen besucht.
Das monumentale Kircheninnere mit fünf Schiffen ist 130 Meter lang und 35 Meter hoch. Die beiden Türme der Fassade erreichen 69 Meter Höhe. Der Nachfolgebau früherer Bischofskirchen wurde 1163 begonnen. Bereits 1182 war der Chor fertiggestellt, danach folgten das Hauptschiff sowie die Westfassade (1225) und die Türme (1250).
Wie so viele Kirchen in Frankreich erfuhr die Kathedrale der Hauptstadt während der Revolution tiefe Demütigung. Zunächst als revolutionärer "Tempel des Höchsten Wesens", entweiht, wurde sie später zum Weinlager. Erst Napoleon ordnete 1802 wieder eine Nutzung für den Gottesdienst an und krönte sich hier im Dezember 1804 in Anwesenheit von Papst Pius VII. selbst zum Französischen Kaiser. Victor Hugos Roman "Der Glöckner von Notre Dame" (1831) machte das verfallende Gotteshaus zum Gegenstand romantischer Verklärung.
Neben der herausragenden kunsthistorischen Bedeutung des Gesamtbauwerks verdienen die berühmten Chimären-Figuren auf der oberen Galerie sowie die bedeutenden Figurenportale Beachtung. Letztere, auch die überlebensgroßen Königsstatuen am Mittelportal, sind allerdings Neuschöpfungen, da die Originale während der Revolution zerschlagen wurden.
Wie der Name Notre-Dame (Unsere Liebe Frau) sagt, ist die Kathedrale der Gottesmutter Maria geweiht. 2006 wurde der Vorplatz (parvis) gegen politischen Widerstand nach Papst Johannes Paul II. (1978-2005) benannt.
Zuletzt wurde angekündigt, Notre-Dame werde bis 2027 für 60 Millionen Euro renoviert. Statuen, Wände und Stützbögen haben stark gelitten; die Pfeilerstruktur weist Rostschäden auf. Zwei Drittel der Renovierungskosten übernehme der Staat, hieß es; ein Drittel der Summe müsse die Kirche selbst tragen. Von Touristen für die Besichtigung der Kirche Eintritt zu verlangen, sieht die Kirche jedoch nicht als Option. (KNA)
16.04.2019
Es sind die Stunden nach der Katastrophe. Der Brand in Notre-Dame hat Paris, Frankreich, ja ganz Europa erschüttert. Doch das Weltkulturerbe hat überlebt und wird wiederaufgebaut. Die ersten 100 Millionen fließen schon.
Mitternacht war die Stunde des Pathos, genährt durch Entsetzen wie durch Erleichterung. Nachdem Einsatzleiter Jean-Claude Gallet mitgeteilt hatte, dass die brennende Kathedrale Notre-Dame gerettet werden kann, trat Staatspräsident Emmanuel Macron vor die Mikrofone und versicherte der geschockten Nation: "Wir werden diese Kathedrale gemeinsam wieder aufbauen", und zwar mit den größten Künstlern und Talenten, die man finden könne. Das sei man diesem Wahrzeichen und Kristallisierungspunkt Frankreichs schuldig.
Zwischen Kopfschütteln und Stoßseufzern
Am Morgen schwankte die Stimmung weiter zwischen ungläubigem Kopfschütteln und Stoßseufzern. Denn einerseits sind die Schäden riesig; andererseits fehlte nicht viel, dass eine der wichtigsten Kirchen der Welt rettungslos verloren gewesen wäre. Noch um 22.00 Uhr abends hatte Gallet erklärt, die Sache stehe Spitz auf Knopf; die nächsten 90 Minuten seien entscheidend. Eine Stunde danach: Entwarnung.
Am Morgen danach kommen die ersten Schadensaufnahmen. Der mittelalterliche Dachstuhl, die originale Eichenkonstruktion aus dem 13. Jahrhundert: verloren. Teile der Gewölbekuppeln: eingestürzt.
Einer der ersten Opfer war der 96 Meter hohe hölzerne Vierungsturm aus dem 13. Jahrhundert. Er brach unter den Flammen und dem Stöhnen der Bevölkerung am Seine-Ufer in sich zusammen. Temperaturen von bis zu 1.000 Grad, Rauch, aber auch Löschwasser haben schwerste Schäden am Mauerwerk der Kirche verursacht.
Offenbar hat die Pariser Feuerwehr aber das allermeiste richtig gemacht. 400 Einsatzkräfte kämpften wie die Löwen. Hätten sie den Ratschlag von US-Präsident Donald Trump umgesetzt, Löschflugzeuge mit Wassertanks einzusetzen, wäre die Katastrophe noch verschlimmert worden. Experten zufolge wären durch mehrere Tonnen Wasser auf einmal die Gewölbe und Mauern erdrückt und wahrscheinlich das Gebäude zum Einsturz gebracht worden. Die Feuerwehr konnte ein Übergreifen auf die umliegende Altstadt verhindern.
Dornenkrone Jesu Christi gerettet
Gerettet wurden nicht nur das Gebäude mit seiner Gesamtstruktur, sondern auch wichtige Kunstschätze und Reliquien. Schließlich ist die Pariser Kathedrale eine einzige Schatzkammer. Die als Dornenkrone Jesu Christi verehrte Hauptreliquie der Kirche; das Altarkreuz; das Goldgewand König Ludwigs des Heiligen; Gemälde; liturgische Geräte: gerettet. Was von der Einrichtung verloren ging, ist noch nicht bekannt, ebenso der Zustand von Glasfenstern und Glocken.
Ein weiteres Glück im Unglück: Nur wenige Menschen kamen bei der Brandkatastrophe zu Schaden - und das trotz der extrem gefährlichen Löschbedingungen. Ein Feuerwehrmann wurde durch niederregnendes Blei von den geschmolzenen Dächern schwer verletzt.
Zur Ursache des Großfeuers hat sich die Staatsanwaltschaft schon in der Nacht festgelegt. Es gebe keine Hinweise auf einen Anschlag oder Brandstiftung. Ein Defekt oder Fehler bei den laufenden Renovierungsarbeiten habe den Brand ausgelöst. Eine bittere Ironie: Immer wieder brechen bei Restaurierungsarbeiten schwere Brände aus, die die Schäden am Gebäude am Ende vervielfachen; so etwa 2004 bei der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar.
So auch an Notre-Dame. Bis 2027 Euro sollte das Symbol europäischer Kultur umfassend restauriert werden; die Bauarbeiten hatten erst zu Jahresanfang begonnen. Statuen, Wände und Stützbögen hatten über die Jahrhunderte stark gelitten; die Pfeilerstruktur wies Rostschäden auf. Auf 150 Millionen Euro waren die Baukosten zuletzt angesetzt worden. Nun wird es ein Vielfaches werden; eine Milliardenkatastrophe.
Erste Großspendenzusagen
Noch in der Nacht ging die erste Großspendenzusage ein: Die Milliardärsfamilie Pinault, zu deren Firmenkonsortium unter anderem die Modemarken Gucci und Yves Saint-Laurent gehören, versprach 100 Millionen Euro für den Wiederaufbau. Nach der Feuerwehr schlägt nun wieder die Stunde der Kunstexperten und Restauratoren - nun in noch viel größerem Maßstab.
Nicht alle Korrespondenten und Moderatoren zeigten sich sattelfest in Kirchen- und Kulturbelangen. So entbehrte die mediale Berichterstattung über die schlimme Katastrophe am Ende auch nicht einiger ulkiger Elemente. Es kamen Sätze zustande wie: "Der Dornenkranz Jesu Christi war offenbar das wichtigste Relikt von der Notre Dame"; oder: "Bekannt wurde die Kirche auch durch den Film 'Der Glöckner von Notre-Dame' mit Anthony Quinn und Gina Lollobrigida"; oder - besonderer Beitrag der Wahrnehmung 2.0: "Auch die Netzgemeinde hat erkannt, dass es sich um eine echte Katastrophe handelt." Dass aus dieser "Netzgemeinde" auch kübelweise Häme über die Kirche als Hort von Machtmissbrauch, Mord und Unterdrückung ausgeschüttet wird, gehört wohl nicht zu den größten Sorgen dieses Vormittags.
Die frühgotische Pariser Bischofskirche Notre-Dame ist ein Wahrzeichen von Paris. Vielen gilt sie als Inbegriff von Frankreichs Kathedralen. Sie liegt exponiert auf der Seine-Insel Ile de la Cite im historischen Zentrum und wird pro Jahr von rund 12 bis 14 Millionen Menschen besucht.
Das monumentale Kircheninnere mit fünf Schiffen ist 130 Meter lang und 35 Meter hoch. Die beiden Türme der Fassade erreichen 69 Meter Höhe. Der Nachfolgebau früherer Bischofskirchen wurde 1163 begonnen. Bereits 1182 war der Chor fertiggestellt, danach folgten das Hauptschiff sowie die Westfassade (1225) und die Türme (1250).
Wie so viele Kirchen in Frankreich erfuhr die Kathedrale der Hauptstadt während der Revolution tiefe Demütigung. Zunächst als revolutionärer "Tempel des Höchsten Wesens", entweiht, wurde sie später zum Weinlager. Erst Napoleon ordnete 1802 wieder eine Nutzung für den Gottesdienst an und krönte sich hier im Dezember 1804 in Anwesenheit von Papst Pius VII. selbst zum Französischen Kaiser. Victor Hugos Roman "Der Glöckner von Notre Dame" (1831) machte das verfallende Gotteshaus zum Gegenstand romantischer Verklärung.
Neben der herausragenden kunsthistorischen Bedeutung des Gesamtbauwerks verdienen die berühmten Chimären-Figuren auf der oberen Galerie sowie die bedeutenden Figurenportale Beachtung. Letztere, auch die überlebensgroßen Königsstatuen am Mittelportal, sind allerdings Neuschöpfungen, da die Originale während der Revolution zerschlagen wurden.
Wie der Name Notre-Dame (Unsere Liebe Frau) sagt, ist die Kathedrale der Gottesmutter Maria geweiht. 2006 wurde der Vorplatz (parvis) gegen politischen Widerstand nach Papst Johannes Paul II. (1978-2005) benannt.
Zuletzt wurde angekündigt, Notre-Dame werde bis 2027 für 60 Millionen Euro renoviert. Statuen, Wände und Stützbögen haben stark gelitten; die Pfeilerstruktur weist Rostschäden auf. Zwei Drittel der Renovierungskosten übernehme der Staat, hieß es; ein Drittel der Summe müsse die Kirche selbst tragen. Von Touristen für die Besichtigung der Kirche Eintritt zu verlangen, sieht die Kirche jedoch nicht als Option. (KNA)