Priester aus dem Erzbistum Utrecht zum Anschlag in der Tram

"Wichtig wird sein, wie es weitergeht"

Der mutmaßliche Schütze von Utrecht ist nach Angaben der Polizei festgenommen worden. In einer Straßenbahn soll er um sich geschossen haben. Die Stadt befinde sich im Schock, auch weil man nichts tun könne, erklärt der Priester Anton ten Klooster.

Ein Polizist steht an einem Sichtschutz vor einem Straßenbahnwagen, in dem Schüsse gefallen sollen sein / © Peter Dejong (dpa)
Ein Polizist steht an einem Sichtschutz vor einem Straßenbahnwagen, in dem Schüsse gefallen sollen sein / © Peter Dejong ( dpa )

DOMRADIO.DE: Sie sind Priester im Erzbistum Utrecht. Wie haben Sie diesen Tag erlebt?

Dr. Anton ten Klooster (Katholischer Priester im Erzbistum Utrecht und Theologiedozent an der Universität Tilburg): Ich war heute in Utrecht, denn ich arbeite dort an der Universität als Lehrer. So um kurz vor 11 Uhr haben wir Hubschrauber über unserem Gebäude gehört und uns gefragt, was da wohl passiert ist.

Dann kamen schnell die Nachrichten, dass es ein Attentat oder einen Vorfall gegeben hat. Das wussten wir noch nicht genau. Ich habe den ganzen Tag über die Hubschrauber gehört, die Nachrichten verfolgt und versucht ein bisschen zu arbeiten, aber das ist selbstverständlich schlecht gelungen.

DOMRADIO.DE: Was geht einem in den Momenten durch den Kopf?

ten Klooster: Erstmal ist ja alles unklar. Es ist ein Vorfall, jemand hat in einer Bahn um sich geschossen. Später kommen dann die Nachrichten, das Terror nicht auszuschließen sei. Es ist alles ganz unsicher. Die Autoritäten der Stadt haben gesagt, alle sollen in den Häusern und Gebäuden bleiben. Die Universität Utrecht hat alles abgeschlossen. Es ist eine sehr befremdliche Atmosphäre, heute war es sehr unbequem und unheimlich.

DOMRADIO.DE: Was macht man dann? Betet man mit den Studenten?

ten Klooster: Es hat heute keine Studenten gegeben, momentan ist vorlesungsfreie Zeit. Nur wir Professoren waren da, die meisten haben die Familien angerufen. Ich habe mit Freunden und der Familie telefoniert. Ich habe auch versucht, ein wenig zu arbeiten. Ich bin ja den ganzen Tag dort gewesen und konnte nicht sehr viel machen, aber auch nicht direkt nach Hause. Ich habe sehr viel mit den Kollegen gesprochen und auch mit Freunden hier und im Ausland, die dann selbstverständlich besorgt sind.

DOMRADIO.DE: Was denken Sie als Priester in der Situation?

ten Klooster: Als Priester denke ich zuerst an die Menschen und an die Angst, die sie hatten. Aber ich denke auch besonders an das, was es für die Gesellschaft bedeutet. Es sind ja spannungsvolle Zeiten. Es hat dieses schreckliche Attentat gegeben, den Terroranschlag in Neuseeland. Und nun das. Was bedeutet das für uns Priester? Wie können wir versuchen, wirklich die Menschen zu begleiten und auch auf einer guten Weise zu reagieren? Das sind die ersten Gedanken, aber man kann eben nicht direkt etwas tun.

DOMRADIO.DE: Was denken Sie, wie wird es weitergehen in den nächsten Tagen und Wochen in der Stadt?

ten Klooster: Ich weiß es nicht genau. Jetzt ändert sich auch der Narrativ der Autoritäten und der Polizei. Es kann eine Terrortat sein, es kann auch ein Attentat auf eine Person sein, bei der auch andere verletzt und getötet wurden. Wichtig wird sein, wie es weitergeht. Ich denke, wahrscheinlich werden sich morgen die Menschen im Zentrum sammeln. Die Stadt war heute ausgestorben. Man hat kaum jemanden draußen gesehen. Morgen werden die Leute sich sammeln, sich äußern und auch trauern. Dann werden wir sehen, wie die Welt aussieht. Das ist noch ganz unsicher im Moment.

DOMRADIO.DE: Inwiefern ist es da die Aufgabe der Kirche, zu begleiten?

ten Klooster: Im Zentrum von Utrecht ist die protestantische Domgemeinde sehr aktiv. Ich denke, das wird eine Stelle sein, wo alle Gläubigen, Atheisten oder auch andere sich sammeln werden. Ich vermute, dass sich der Erzbischof vielleicht noch zu dieser Sache äußern wird. Ich habe morgen wieder hier die Messe zum Hochfest des Heiligen Josefs, dann werden wir natürlich zusammen beten.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Quelle:
DR