Frankreichs Bischöfe sprechen erstmals mit Betroffenen von Missbrauch

"Ein historischer Tag"

Im Zentrum der Herbstversammlung der französischen Bischöfe im Wallfahrtsort Lourdes steht der Umgang mit sexuellem Missbrauch. Dabei wurden an erstmals Opfer zu Gesprächen eingeladen. Weitere und konkrete Schritte werden folgen.

Symbolbild Missbrauch in der katholischen Kirche / © Harald Oppitz (KNA)
Symbolbild Missbrauch in der katholischen Kirche / © Harald Oppitz ( KNA )

Erstmals haben die französischen Bischöfe im Rahmen einer Vollversammlung mit Opfern von sexuellem Missbrauch gesprochen. Beide Seiten hoben am Wochenende den offenen Charakter der Gespräche im südfranzösischen Lourdes hervor. Einer der Betroffenen, Olivier Savignac, sprach von einem historischen Tag. Nun müssten jedoch konkrete Schritte erfolgen. "Wir werden, falls nötig, die Kirche weiter dazu drängen."

Acht Missbrauchopfer wurden eingeladen

Die Gespräche fanden am Samstag unmittelbar nach dem Auftakt der Vollversammlung statt. Acht Missbrauchsopfer waren eingeladen; im Vorfeld hatte es Diskussionen über den Ablauf gegeben. Anders als von den Betroffenen gewünscht, konnten sie nicht vor dem Plenum auftreten; stattdessen fand der Austausch in Kleingruppen statt.

Daran hätten jedoch alle Bischöfe teilgenommen - darunter auch der Lyoner Kardinal Philippe Barbarin, dem Vertuschung von Missbrauchsfällen vorgeworfen wird, erklärte der Missbrauchsbeauftragte der Französischen Bischofskonferenz, Bischof Luc Crepy.

Gremium mit Experten

Im Vorfeld hieß es aus der Französischen Bischofskonferenz, man denke über die Einsetzung einer Kommission nach, um das Thema wissenschaftlich aufzuarbeiten. Dem Gremium sollen beispielsweise Historiker, Richter, Kirchenrechtler und Soziologen angehören. Zuvor hatte sich der Konferenz-Vorsitzende, Georges Pontier, gegen eine parlamentarische Untersuchungskommission ausgesprochen. Es gehe darum, die Gründe für Missbrauch in der Kirche zu verstehen, so der Erzbischof von Marseille in seiner Eröffnungsansprache in Lourdes.

Zu Wochenbeginn hatten die Bischöfe eine Zwischenbilanz im Kampf gegen Missbrauch vorgelegt. Seit 2010 reichten demnach 433 Personen Hinweise ein, 212 davon wurden an die Staatsanwaltschaft weitergereicht. Die Differenz erkläre sich unter anderem daraus, dass einige Beschuldigte gestorben seien oder sich mehrere Hinweise auf den gleichen mutmaßlichen Täter bezogen, hieß es. Laut der Statistik wurde in 36 Fällen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet; 13 Geistliche sitzen derzeit in Haft.

Zukunft der EU ist ein weiteres Thema

Weitere Themen der bis Donnerstag dauernden Vollversammlung sind die Zukunft der EU sowie Bioethik und Migration. Besonders scharf kritisierte Pontier den Umgang mit Bootsflüchtlingen im Mittelmeer. Die internationale "Hinhaltetaktik" widerspreche der Mitmenschlichkeit, stattdessen werde die Arbeit von Seenotrettern behindert. "Es scheint, als zöge man vor, die Flüchtlinge im Meer ertrinken zu sehen, anstatt sie an der europäischen Küste ankommen zu lassen", so der Erzbischof von Marseille.


Quelle:
KNA