Zum Welttag des Tourismus

"Die Gewinne aus dem Tourismus auf mehr Köpfe verteilen"

Tourismus schafft Arbeitsplätze, ist aber kein Patentrezept für gerechten Wohlstand, findet Antje Monshausen. Die Leiterin der Arbeitsstelle "Tourism Watch" bei "Brot für die Welt" erklärt, warum Nachhaltigkeit in der Reisebranche so wichtig ist.

Autor/in:
Jana-Sophie Brüntjen
"Richtig gestalteter Tourismus bietet auch Chancen" / © Soeren Stache (dpa)
"Richtig gestalteter Tourismus bietet auch Chancen" / © Soeren Stache ( dpa )

Evangelischer Pressedienst (epd): Immer mehr Menschen machen Urlaub in Entwicklungsländern. Zu welchen Problemen führt das an den Reisezielen?

Antje Monshausen (Leiterin der Arbeitsstelle "Tourism Watch" beim evangelischen Hilfswerk "Brot für die Welt"): Inzwischen gehört der Tourismus in vielen Entwicklungsländern zu den drei wichtigsten Devisenquellen und wird von den Regierungen oft als Allheilmittel angesehen. Dementsprechend wird der Tourismus leider kaum reguliert. Zum Beispiel werden Vorgaben zu Arbeitsbedingungen oder Umweltauflagen selten kontrolliert und Verstöße sind an der Tagesordnung. Zudem werden für den Tourismus viele Ressourcen wie Wasser, Land und Nahrung verbraucht, die in vielen Entwicklungsländern knapp sind.

In den Urlaubsländern profitieren außerdem nicht alle Menschen vom Tourismus, langfristig führt er sogar zu mehr Ungleichheit. Die gut bezahlten Berufe in der Tourismusbranche setzen ein hohes Maß an formaler Bildung voraus, zu der die Ärmeren zu selten Zugang haben. Dazu kommt, dass die Reisen mit dem Flugzeug oder dem Schiff den Klimawandel anheizen.

epd: Sehen Sie auch Chancen für arme Urlaubsländer?

Monshausen: Der Tourismus birgt in diesen Ländern dann ökonomische Chancen, wenn er richtig gestaltet wird. Das bedeutet, dass er gut in die lokale Wirtschaft integriert sein sollte. Die Zutaten auf dem Büffet sollten aus der Region stammen und nicht extra importiert werden. Mitarbeiter in den Hotels sollten sich weiter qualifizieren können, um eine Karriereperspektive zu erhalten. Außerdem bietet der Tourismus sowohl den Besuchern als auch den Einheimischen die Möglichkeit, mit anderen Kulturen in Berührung zu kommen. Für die Urlauber ist eine solche Reise eine Chance, andere Lebensrealitäten zu entdecken und Verständnis für die Menschen und die Kultur in Entwicklungsländern zu bekommen.

epd: Wie kann der Tourismus in diesen Ländern nachhaltiger gestaltet werden?

Monshausen: Es ist wichtig, dass möglichst viele lokale Unternehmen in das Geschäft eingebunden werden, um die Gewinne aus dem Tourismus auf mehr Köpfe zu verteilen. Politisch sind die Regierungen der Urlaubsländer gefordert, die lokale Bevölkerung und ihre Wünsche in den Vordergrund zu stellen. Außerdem empfehlen wir den Touristen, seltener, aber dafür länger in Entwicklungsländer zu reisen. Am Ziel sollten sich die Urlauber auf Land und Leute einlassen und zum Beispiel nicht nur im Hotel essen, sondern auch mal ein einheimisches Lokal besuchen.


Quelle:
epd