Kardinal: Italiener sind nicht rassistisch, nur verängstigt

Vielfalt als Wert und Ressource

"Italien, wie es jetzt ist, ist immer weniger ein Land für die Jungen", sagte Kardinal Gualtiero Bassetti, der Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz. Eine Lähmung und Abwehr gegenüber Fremden kristallisiere sich in der Gesellschaft heraus.

 (DR)

Italiens Bürger fühlen sich nach Einschätzung des Vorsitzenden der Italienischen Bischofskonferenz, Kardinal Gualtiero Bassetti, im Stich gelassen. Die Menschen seien "im Grunde nicht rassistisch", empfänden sich aber vor den aktuellen Vorgängen schutzlos. Dies führe zu Lähmung und Abwehr gegenüber Fremden, sagte der Erzbischof von Perugia am Dienstag vor Journalisten in Rom.

Generationen erziehen

Aufgabe der Politik sei, "die Menschen so weit wie möglich von der Angst zu befreien". Welche politischen Kräfte Angst schürten, wollte der Kardinal nicht konkretisieren. "Ich sage uns und denen, die wie wir öffentliche Aufgaben haben: Befreit die Menschen von der Angst, denn die Angst lässt einen im anderen ein Hindernis, einen Feind sehen", sagte Bassetti. Es gelte, Vielfalt als Wert und Ressource wahrzunehmen und die nachwachsenden Generationen entsprechend zu erziehen.

In Italien kam es in den vergangenen Wochen mehrfach zu Übergriffen mit mutmaßlich rassistischem Hintergrund. Innenminister Matteo Salvini kommentierte dies damit, der Rassismus-Alarm sei «eine Erfindung der Linken»; alarmierend sei einzig die Kriminalitätsrate unter Migranten, so der Lega-Politiker.

Keine Zukunft für junge Italiener

Italien bietet jungen Italienern nach Auffassung der katholischen Kirche oft keine Zukunft mehr. "Italien, wie es jetzt ist, ist immer weniger ein Land für die Jungen", sagte Kardinal Gualtiero Bassetti. Nach einer "Wohlstandsgeneration" gingen junge Italiener wieder wie ihre Großeltern auf der Suche nach Arbeit ins Ausland.

Während hervorragend ausgebildete junge Italiener ihrer Heimat den Rücken kehrten, habe Italien Mühe, die von Krieg und Armut getriebenen Migranten aus dem Süden der Welt aufzunehmen, sagte Bassetti. Migration sei ein komplexes und strukturelles Phänomen, das nicht nur Europa betreffe, betonte der Kardinal. Wenn Italien jungen Menschen eine Zukunft bieten wolle, müsse es auch diesen Problemen Rechnung tragen.

40.000 junge Katholiken zur Jugendwallfahrt

Bassetti äußerte sich anlässlich der Vorstellung einer Jugendwallfahrt nach Rom. Dazu werden am Wochenende 40.000 junge Katholiken aus allen Landesteilen in der italienischen Hauptstadt erwartet. Nach Aussage des Verantwortlichen für Jugendseelsorge in der Italienischen Bischofskonferenz, Michele Falabretti, nehmen an der Pilgerwanderung auch jugendliche Migranten teil.


Quelle:
KNA