Mexikos prominenter Migrantenpriester in der Kritik

Alejandro Solalindes schwierige Rolle

Der neu gewählte mexikanische Präsident würde den populären Geistlichen Alejandro Solalinde gern in die Regierungsarbeit mit einbinden. Doch der tut sich schwer damit, in diese Rolle hineinzufinden.

Migranten - hier noch in Mexiko / © Str (dpa)
Migranten - hier noch in Mexiko / © Str ( dpa )

Mexikos prominenter katholischer Priester und Menschenrechtler Alejandro Solalinde ist derzeit ein vielbeschäftigter Mann. Seit der linksgerichtete Andres Manuel Lopez Obrador zum neuen Präsidenten des Landes gewählt wurde, gibt es nahezu täglich Personalspekulationen um den in der Flüchtlingshilfe engagierten Geistlichen: Solalinde war bereits für mehrere wichtige Posten und Aufgaben im Gespräch.

Einsatz für Menschenrechte

In diesen Tagen reist der 73-Jährige durch Mexiko, um sein neues Buch zu präsentieren, das er gemeinsam mit der Journalistin Karla Maria Gutierrez verfasst hat. Titel: "Enthüllungen eines Missionars: Mein Leben als Wanderer". Ob es an den vielen Spekulationen oder Terminen liegt, sei dahingestellt, doch Solalinde ist dabei, seinen guten Ruf aufs Spiel zu setzen. Den hat er sich als Gründer einer Unterkunft für Migranten mit dem Namen "Hermanos en el Camino" (Brüder auf der Reise) in Ixtepec im Bundesstaat Oaxaca und als Träger des Nationalen Menschenrechtspreises redlich erarbeitet.

Solalinde erhielt im Laufe der vergangenen Jahre wegen seines sozialen Engagements zahlreiche Morddrohungen. Die Amtsvorgänger Lopez Obradors kritisierte er stets scharf. Nun - im Dunstkreis des neuen Präsidenten - soll er selbst politische Verantwortung übernehmen. Für den Priester eine ungewohnte Rolle.

Irrungen und Wirrungen um Solalindes Funktionen

Mexikos künftige Regierung plante offenbar, Solalinde zum führenden Kopf der Nationalen Kommission für Menschenrechte (CNDH) zu machen. "Ich werde das Angebot akzeptieren", zitierte das Portal "El Siglo de Torreon" prompt den Geistlichen, der das Amt des Ombudsmannes für Menschenrechte übernehmen sollte. Eine Woche später dann die Kehrtwende: "Ich möchte frei bleiben", zitierte das Portal "Quadratin" Solalinde, der die Offerte am Ende doch ausschlug.

In dieser Woche folgten weitere Irrungen und Wirrungen mit Solalinde im Mittelpunkt des Geschehens. Er sollte der "Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung" (EZLN) einen Brief des neu gewählten Präsidenten übergeben. In dem Schreiben bekundet das künftige Staatsoberhaupt seine Bereitschaft zum Dialog. Euphorisch verkündete Solalinde, bereits eine Dialogzusage der EZLN in der Tasche zu haben. Doch deren Spitze reagierte kühl und distanziert: Es habe keine Zusage für derlei Gespräche gegeben. Später musste Solalinde einräumen, er habe nur mit einer Fraktion innerhalb der EZLN gesprochen. Es folgten zahlreiche kritische Kommentare. Eine weitere Rolle als Vermittler ist unter diesen Umständen kaum vorstellbar.

Für die Rechte der indigenen Bevölkerung

Die EZLN ist eine zum großen Teil aus Indigenen bestehende Organisation im armen südmexikanischen Bundesstaat Chiapas, die im Jahr 1994 mit einem bewaffneten Aufstand erstmals öffentlich in Erscheinung trat. Sie setzt sich inzwischen auf politischem Wege für die Rechte der indigenen Bevölkerung ein und fordert eine autonome Selbstverwaltung. Der Name geht zurück auf Emiliano Zapata, einen der Anführer der Mexikanischen Revolution. Die Verbesserung der Lebenssituation im mexikanischen Süden ist eine der großen Herausforderungen des designierten Präsidenten und eines seiner wichtigsten Wahlversprechen.

Klare Schritte für den Frieden erforderlich

Der künftigen Regierung hat das sprunghafte Auftreten Solalindes eher geschadet als genutzt. Carlos Ventura, Koordinator des Menschenrechtszentrums "Fray Francisco de Vitoria", drückt sich in der Tageszeitung "La Jornada" diplomatisch aus. Die Signale der neuen Regierungsmannschaft in Sachen Menschenrechtspolitik seien positiv, so Ventura. Aber es fehle an Klarheit, welche Schritte nun konkret unternommen würden, um die von Lopez Obrador versprochene Befriedung des Landes tatsächlich zu erreichen. Bislang gebe es nur eine Art virtuellen Plan, aber keine klaren Positionen zu wichtigen Fragen der inneren Sicherheit. Nach dem eindrucksvollen Wahlsieg Lopez Obradors und den damit verbundenen großen Hoffnungen werde ein stimmiges Konzept erwartet. Bloße Absichtserklärungen reichten nicht mehr.

Die Ungeduld der Menschenrechtler ist verständlich. Immerhin bleibt der künftigen Regierung noch etwas Zeit: Die Amtseinführung Lopez Obradors findet am 1. Dezember statt. Doch er sollte sein Versprechen einhalten und vom ersten Tag an einsatzbereit sein. Sonst könnten viele seiner bisherigen Unterstützer schnell enttäuscht sein.

Tobias Käufer


Quelle:
KNA