Viele Ungereimtheiten im Kärntner Bistum

"Es menschelt"

Beim Wechsel von Bischof Alois Schwarz nach Sankt Pölten kartet ein Nachrichtenmagazin nach. Vorwürfe schlechten Führungsstils und noch einiges andere stehen im Raum. Doch ein schlüssiges Bild mag sich nicht einstellen.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
 (DR)

Das österreichische Wochenmagazin "News" mag es laut und bildgewaltig. "Enthüllungsstorys" hat es sich auf die Fahne geschrieben. Mitte Juni wurde ein in prächtigem Ornat gekleideter Bischof vor schwarzem Hintergrund auf dem Titel platziert, präsentiert als "Bischof im Zwielicht und zwischen zwei Frauen"; es gehe um "Affären, Macht, Intrigen".

Pünktlich zum Wechsel von Bischof Alois Schwarz aus Gurk-Klagenfurt ins niederösterreichische Sankt Pölten wurde die Geschichte begierig aufgegriffen. Was bleibt davon, nachdem sich der Pulverdampf ein wenig gelegt hat?

"Es menschelt"

Es scheint zutreffend, was einer aus der Szene sagt, der es wissen muss: In der Geschichte "menschelt es" ziemlich. Zu Wort kommen - teils anonym, teils namentlich - Personen, die teils vor vielen Jahren eine Stellung oder Karrierechance im Bistum hatten und später verloren.

Ihre Stimmen werden zusammengerührt mit jüngsten Ungereimtheiten in der Bistumsführung. Die Mixtur stellt die 17 Kärntner Jahre von Schwarz in ein ungutes Licht - und sorgt für Verunsicherung sowohl in dessen alter als auch in der neuen Diözese.

Eine Woche später legte "News" noch einmal mit einem mehrseitigen Report nach. Ein Vorwurf lautet auf mögliche Vertuschung von sexuellem Missbrauch - dem der Beitrag jedoch später selbst widerspricht. Der beschuldigte Pfarrer musste im Dezember von seinem Amt zurücktreten.

Schwarz habe ihn "nicht nur zum Verzicht auf seine Pfarren gedrängt", sondern auch erwirkt, dass er sich aus dem Schuldienst zurückzieht. Ihm wurde "eine Auszeit zur Klärung der Vorwürfe und auch der persönlichen Verhältnisse angeboten". Weil der Ex-Pfarrer diese Übereinkunft zurückzog und wieder in den Schuldienst zurückkehren wollte, entzog ihm der Bischof "wegen fehlender Einsicht die Missio Canonica", wie "News" schreibt.

Ein zweiter Vorwurf: Schwarz habe zwei Frauen sehr nahe gestanden, die einen negativen Einfluss auf viele diözesane Entscheidungen gehabt haben sollen. Der Bischof erklärte dazu, er sei "froh und stolz darauf, dass ich Frauen in leitenden Positionen eingesetzt" habe; dies werde er auch weiterhin tun. Jede Zusammenarbeit mit Mitarbeiterinnen habe stets "in angemessener Weise" stattgefunden, so der Bischof. Er bekenne sich fest "zum Zölibat und der damit verbundenen Lebensweise".

Unterhalb des Radars gewirtschaftet?

Dass zumindest ein unguter Einfluss einer der beiden Frauen auch allgemeiner empfunden wurde, geht aus den ersten Entscheidungen des sogenannten Diözesanadministrators Engelbert Guggenberger hervor, der die Diözese Gurk-Klagenfurt während der Sedisvakanz übergangsweise leitet.

Andrea Enzinger, Leiterin des Bischöflichen Bildungshauses Stift Sankt Georgen/Längsee, wurde "mit sofortiger Wirkung bis vorerst Ende August" beurlaubt. Man wolle eine "objektive Analyse der Abläufe und Strukturen im Bildungshaus" durchführen und die wirtschaftliche und personelle Situation erheben, bevor man über mögliche Ausbaupläne entscheide.

Hintergrund: Das Bildungshaus gehört zum sogenannten Bischöflichen Mensalgut und untersteht damit direkt dem Bischof und nicht, wie das meiste Diözesanvermögen, der Kontrolle der diözesanen Behörden. Eine Konstruktion, bei der nach den Vorfällen im Bistum Limburg die Alarmglocken schrillen könnten. Hat der Bischof womöglich unterhalb des Radars der Diözesanbehörden gewirtschaftet?

Hier wird die Position Guggenbergers interessant. Der 65-Jährige war bislang Generalvikar, also Personal- und Finanzchef der Diözese. Bei der Verabschiedung von Schwarz im Klagenfurter Dom Ende Juni würdigte Guggenberger den scheidenden Bischof als "herausragende Persönlichkeit, große Stimme und lieben Menschen", der für kontinuierlich hohe Sympathiewerte der Kirche gesorgt habe.

Schwarz habe besonders verstanden, "Glaube und Lebenswirklichkeit der Menschen in Einklang zu bringen", und dabei stets "ein empathisches und einfühlsames Wort" gehabt.

Schieflagen

Als Administrator war von Guggenberger nur wenige Tage später eine andere Tonlage zu hören. Auf die Frage, ob er intern auf "bedenkliche Entscheidungen des Bischofs und auf Entwicklungen hingewiesen" habe, antwortete der vormalige Generalvikar: "Ich habe, ebenso wie andere hochrangige Kirchenvertreter und Führungskräfte auch, Schieflagen, fragwürdige Entwicklungen und Wahrnehmungen betreffend des persönlichen Umfelds des Bischofs ihm persönlich gegenüber und auch in Gremien immer wieder angesprochen." Er und andere hätten allerdings zur Kenntnis nehmen müssen, "dass Funktionen und Entscheidungen von der Diözesan- auf die Bistumsebene verlagert wurden, wo wir nichts mitzureden hatten".

Eine erste Analyse habe ergeben, dass es im Bistum "Probleme betreffend Arbeitsklima sowie wirtschaftliche und personelle Situation gibt", so Guggenberger. Darauf wollten er und seine Vertrauensleute "zügig, aber sorgfältig" reagieren, "die Wahrheit auf den Tisch bringen und uns im Rahmen des kirchlichen Rechts bewegen".

Es gelte nun, "durch Klarheit, Entschiedenheit und Transparenz (...) verlorengegangenes Vertrauen in die Diözesanleitung wiederherzustellen."

In der aktuellen Ausgabe der Kärntner Kirchenzeitung "Sonntag" schreibt Guggenberger: "Wir wollen niemandem Unrecht tun und werden mit allen Betroffenen reden." Wo "Schieflagen" festgestellt werden, sollen Maßnahmen folgen. Bereits in die Wege geleitet wurde nach seinen Worten eine kirchenrechtskonforme Wiedereinsetzung der davor "ausgeschalteten" Kontrollinstanz - des Wirtschaftsverwaltungsrates - für das bischöfliche Mensalgut.


Bischof Alois Schwarz (r.) / © Georg Pulling (KNA)
Bischof Alois Schwarz (r.) / © Georg Pulling ( KNA )
Quelle:
KNA