Was das ökumenische Friedenstreffen in Bari bewirken kann

Wichtiges Signal für Christen im Nahen Osten

Der Nahe Osten kommt nicht zur Ruhe. Gewalt und religiöser Zwist bestimmen das Bild. Papst Franziskus möchte ein Zeichen dagegen setzen und hat die Ostkirchen zu einem ökumenischen Gebetstreffen eingeladen. Für Erzbischof Ludwig Schick ein starkes Signal.

Christen im Nahen Osten / © Shahzaib Akber (dpa)
Christen im Nahen Osten / © Shahzaib Akber ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wir sprechen Tag für Tag über die Frage, wie es den Menschen im Nahen Osten geht. Es gibt schreckliche Nachrichten, die uns immer wieder erreichen. Sie sind Vorsitzender der Kommission Weltkirche bei der Deutschen Bischofskonferenz und kennen die Situation vor Ort. Was gibt es Positives zu sagen?

Erzbischof Ludwig Schick (Erzbischof von Bamberg): Die Christen leben dort und es gibt sie dort. Es ist immer wieder bewundernswert, wie sie sich auch in die Gesellschaft einbringen, vor allen Dingen durch Bildungseinrichtungen, Schulen, Kindergärten aber auch Universitäten, die sie gründen. Sie werden eine immer kleinere Schar, sind aber trotzdem sehr aktiv.

DOMRADIO.DE: Sie waren im April zuletzt im Irak. Nehmen Sie uns noch mal mit. Was sind das für Schicksale, für Geschichten, für Menschen, denen man da begegnet?

Schick: Leidgeprüfte vor allen Dingen. Als ich vor nicht allzu langer Zeit im Irak war, habe ich mich mit Menschen getroffen, die ich vor drei Jahren in einem Lager in der Nähe von Erbil getroffen habe. Die sind jetzt zurückgekehrt in die Ebene von Ninive. Sie bekommen durch uns 6.000 Dollar und bauen damit ihre Häuser wieder auf.

Was ihnen aber ganz wichtig ist und da geben sie auch vom dem ganz wenigen, was sie haben, das sind ihre Kirchen. Sie sagen, das sei eigentlich ihre Kraftquelle. Das ist bewundernswert. Diese Menschen haben jetzt die letzte Hoffnung. Wenn jetzt wieder etwas passiert im Irak und sie wiederum vertrieben werden, glaube ich, dann werden sie auch das Land verlassen oder zumindest alles daransetzen.

Von daher ist es ganz wichtig, dass wir mehr Friedensinitiativen starten. Und da ist auch die Politik gefordert, mit der wir zusammenarbeiten und die ihre Friedensinitiative verstärken muss.

DOMRADIO.DE: Papst Franziskus hat sich an diesem Samstag mit den Vertretern, den Patriarchen der orthodoxen Kirche des Nahen Ostens in Bari getroffen, um zu diskutieren und zu beten. Was denken Sie, was können solche Gespräche bringen?

Schick: Beten um den Frieden ist immer eine große und gute Sache. Damit verbunden ist die Hoffnung, dass dadurch auch der Frieden in Syrien und im Irak vorankommt. Das ist unsere Hoffnung. Wir setzen und vertrauen auf das Gebet.

Aber ich denke, es ist auch wichtig als Signal für die Christen, die in diesen Ländern sind - also in Syrien, dem Irak, Libanon, Jordanien, auch im Heiligen Land und in Ägypten. Sie sollen wissen, dass die Christen hier in Europa an sie denken und hinter ihnen stehen. Sie wollen ihnen auch alle mögliche spirituelle, aber auch materielle Hilfe zukommen lassen, die sie brauchen, dass sie dort überleben.

Wir möchten ja, dass diese alt-christlichen Gebiete keine christenfreien Zonen werden, sondern dass die Christen dort leben und wirken können.

DOMRADIO.DE: Jetzt sind die Gespräche die Papst Franziskus führt, ökumenische Gespräche mit den Vertretern der orthodoxen Kirche. Im Vorhinein hat der Ökumenebeauftragte im Vatikan, Kardinal Kurt Koch, gesagt, die Christen, die im Nahen Osten verfolgt werden, werden nicht als Katholiken, als Lutheraner oder als Orthodoxe verfolgt, sondern als Christen. Wie wichtig ist denn da diese ökumenische Zusammenarbeit?

Schick: Ganz wichtig. Die Christen sind ja ganz wenige. Wenn man zum Beispiel Syrien nimmt, da leben ungefähr 20 Millionen Menschen und davon sind vielleicht 500.000 Christen, vielleicht auch ein paar mehr. Jedenfalls sind Christen in der Minderheit. Und diese Minderheit ist dann auch noch aufgeteilt in Katholiken, in syrisch-katholisch, in syrisch-orthodox und es gibt dort auch Chaldäer.

Die Ökumene, die ganz wichtig ist, kann die Christen zu einer Einheit zusammenführen, sodass sie dann auch engagierter für ihre Rechte und ihre Zukunft eintreten können - auch gegenüber dem Staat und anderen gesellschaftlichen Gruppen. Die Ökumene ist überlebenswichtig dort.

DOMRADIO.DE: Auf der anderen Seite ist das Thema Christenverfolgung eines, mit dem wir uns in den westlichen Gesellschaften ungern auseinandersetzen. Wir wissen es von den Zahlen her. Die Christen sind die meist verfolgte Religionsgemeinschaft der Welt. Ist das vielleicht ein Thema, was zu sehr untergeht und mit dem wir uns vielleicht zu wenig hier in unseren Regionen befassen?

Schick: Wir als katholische Kirche, also auch die Bischofskonferenz durch meine Kommission und auch durch mich, wir veranstalten jedes Jahr einen Tag der verfolgten Christen. Wir beten am Stephanustag für die verfolgten Christen. Wir geben jedes Jahr ein Heft "Verfolgte und bedrängte Christen" heraus. Wir tun schon vieles.

Aber das Thema kommt nicht so recht in den Medien und bei der Bevölkerung an. Aber es ist ein wichtiges Thema und wenn wir uns für die verfolgten und bedrängten Christen einsetzen, dann tun wir das ja nicht exklusiv, sondern exemplarisch. Das heißt, wir setzen uns dafür ein, dass alle Menschen in welcher Religion und welcher Konfession auch immer frei den Glauben leben und auch praktizieren können.

Das ist eine Frage der Menschenrechte. Wenn wir uns für die Religionsfreiheit einsetzen, setzen wir uns für die Menschenrechte ein. Das, glaube ich, wird zu wenig bedacht und die Zusammenhänge zu wenig gesehen. Vielleicht wäre dann das Thema Christenverfolgung ein viel virulenteres und würde auch mehr Aufmerksamkeit finden.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Erzbischof Ludwig Schick / © Nicolas Armer (dpa)
Erzbischof Ludwig Schick / © Nicolas Armer ( dpa )

Papst Franziskus (l.) und Bartholomaios I. / © Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus (l.) und Bartholomaios I. / © Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
DR