US-Kardinal Raymond Burke wird 70

Wortführer der konservativen Papstkritiker

Wäre der Vatikan ein normaler Machtapparat, wäre Kardinal Raymond Burke längst weit weg: versetzt als Bischof in der Wüste Arizonas oder in Alaska. Doch er ist weiter Kurienkardinal; Papst Franziskus hält an ihm fest.

Kardinal Raymond Leo Burke / © Paul Haring (KNA)
Kardinal Raymond Leo Burke / © Paul Haring ( KNA )

Wenn Kirchenhistoriker einst die Geschichte des Franziskus-Pontifikats schreiben werden, hat einer schon jetzt einen sicheren Platz darin: Kardinal Raymond Leo Burke. Vor 70 Jahren, am 30. Juni 1948, in einer Kleinstadt in Wisconsin als jüngstes von sechs Kindern geboren, zählt der stämmige US-Amerikaner mit dem messerscharfen Intellekt seit 2014 zur Minderheit der konservativen Kritiker des moraltheologischen Öffnungskurses von Papst Franziskus.

Für seine Überzeugungen hat er eine bis dahin brillante Kirchenkarriere aufs Spiel gesetzt.

Vom exzellenten Kirchenrechtler zum Kardinal

Nach dem Studium an der Päpstlichen Universität Gregoriana war Burke zunächst Bischof seines Heimatbistums La Crosse. Ein erster Karrieresprung war die Beförderung zum Erzbischof von Saint Louis 2004. Benedikt XVI. ernannte den exzellenten Kirchenrechtler dann 2006 zunächst zum Mitglied und schließlich 2008 zum Vorsitzenden des höchsten Kirchengerichts, der "Apostolischen Signatur" im Vatikan; 2010 folgte die Erhebung in den Kardinalsrang.

Burkes Vorliebe für die "Alte Messe" dürfte dabei nicht geschadet haben. Burke war damals im selben Kardinalsjahrgang wie der Münchner Erzbischof Reinhard Marx – der inzwischen zu den Wortführern im Reformerlager zählt.

Burke hielt an Unauflöslichkeit der Ehe fest

Die Wegscheide der beiden heißt Franziskus. Seit der Argentinier 2013 begann, die unverrückbaren Säulen der Dogmatik, der Moraltheologie und des Kirchenrechts dem "weichen" Prinzip der Barmherzigkeit unterzuordnen, finden sich unflexible Männer wie Burke in der Opposition wieder. Dass Burke den neuen Kurs nicht mitgehen wollte, bekundete er gleich bei der ersten Bischofssynode zum Thema Familie im Oktober 2014. Auch ein Papst könne die kirchliche Lehre zur Unauflöslichkeit der Ehe nicht ändern, betonte er.

Wenige Wochen später berief ihn Franziskus als obersten Kirchenrichter ab und ernannte ihm zum "Kardinalpatron des Malteserordens". Der Schritt wurde allgemein als Degradierung gesehen – was der Papst dementierte. Als Burke später den Orden in einen Richtungs- und Machtkampf steuerte, wurde er auch in der neuen Stellung faktisch entmachtet.

An der zweiten, entscheidenden Runde der Weltbischofssynode zur Familie im Oktober 2015 durfte Burke nicht mehr teilnehmen. Das hinderte ihn nicht daran, die Ergebnisse zu kritisieren. In der fundamentalen Glaubensfrage der Unauflöslichkeit der Ehe fehle dem Synodenbeschluss die nötige Klarheit, schrieb Burke damals.

Brief an Franziskus zu "Amoris laetitia"

Als Franziskus dann im April 2016 im Papstschreiben "Amoris laetitia" den Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene in einer Fußnote für möglich erklärte, sah der Kirchenrechtler den Rubikon überschritten.

Gemeinsam mit drei weiteren Kardinälen verfasste er im September 2016 einen Brief an den Papst, in dem er in fünf Zweifeln (lat. "dubia") fragte, ob diese Öffnung wirklich erlaubt und mit der Kirchenlehre vereinbar sei. Burkes Rolle bei diesem Brief war eine besondere: Von den Unterzeichnern war er der einzige noch nicht Pensionierte. Zwei sind unterdessen gestorben, und einer, Kardinal Walter Brandmüller, steht im 90. Lebensjahr.

Der Text verrät durch seine Diktion und die glasklare juristisch-dogmatische Argumentation, dass er fast nur aus der Feder des US-Amerikaners stammen kann. Als der Papst nicht antwortete, beschlossen die vier Kardinäle, den Brief zu veröffentlichen. Für diesen historisch einmaligen Schritt ernteten sie massive Kritik aus dem Vatikan und aus den Reihen der Bischöfe. Ein katholischer Oberhirte in Griechenland bezichtigte sie gar der "Irrlehre" (Häresie).

Papst hat mit Burke nicht gebrochen

Franziskus hat zu den "dubia" bis heute geschwiegen. Mit Burke endgültig gebrochen hat er dennoch nicht. Als er im Februar 2017 einen Spezialkommissar brauchte, um einen diffizilen Missbrauchsfall auf Guam im Pazifik aufzuklären, schickte er keinen anderen dorthin als Burke. Ein Jahr später wurde der dortige Erzbischof vom Kirchengericht der Glaubenskongregation für schuldig befunden und amtsenthoben.

Dass Franziskus den Kirchenjuristen Burke weiter schätzt und braucht, verdeutlicht eine weitere Nachricht: Am 30. September 2017 berief er ihn erneut zum Richter am Obersten Kirchengericht – allerdings nicht mehr auf den Posten des Vorsitzenden.

Ludwig Ring-Eifel


Quelle:
KNA