Papstdelegation beendet Arbeit zum Missbrauchsskandal in Chile

Gerechtigkeit für die Opfer

Die beiden päpstlichen Sondergesandten im chilenischen Missbrauchsskandal haben ihre Mission beendet. Erzbischof Charles Scicluna als Delegationsleiter bekräftigte zum Abschluss am Dienstag den Wunsch nach vorbehaltloser Aufklärung.

Sonderermittler Erzbischof Charles Jude Scicluna / © Romano Siciliani (KNA)
Sonderermittler Erzbischof Charles Jude Scicluna / © Romano Siciliani ( KNA )

Den Opfern müsse Gerechtigkeit widerfahren "für das Wohl des Landes wie auch der Kirche", so Scicluna. Gehör für die Anklagen von Betroffenen müsse das "Leitprinzip" der kirchlichen Strafverfolgung von Missbrauch sein. Scicluna stellte zudem eine vom Vatikan geführte Kontaktstelle für Opfer und Zeugen vor, die ab Mittwoch per E-Mail und Telefon erreichbar sein soll.

Der maltesische Erzbischof Scicluna, langjähriger Chefstrafverfolger im Vatikan für Missbrauchsfälle, rief laut einer Mitteilung der Chilenischen Bischofskonferenz im Namen des Papstes dazu auf, "die volle Wahrheit anzuerkennen und zuzulassen, mit all ihren schmerzlichen Auswirkungen und Folgen". Dies sei der Ausgangspunkt für eine "Heilung sowohl des Opfers als auch des Urhebers" von Missbrauch. Zugleich nannte er Aufklärung "ein Gebot der Gerechtigkeit".

Eine Woche Aufenthalt in Chile

Scicluna und ein für Missbrauchsverfahren zuständiger Referent der Glaubenskongregation, Jordi Bertomeu, hatten sich eine Woche in Chile aufgehalten, um Kirchenmitarbeiter bei der Aufarbeitung der Vergehen zu unterstützen und mit Betroffenen im südchilenischen Bistum Osorno zu sprechen. Dort hatte sich die aktuelle Debatte entzündet.

Weiter berieten die Delegierten mit den Spitzen der chilenischen Staatsanwaltschaft über eine Zusammenarbeit zwischen Vatikan und chilenischer Justiz. Scicluna sprach von "Tagen der Gnade und des Hörens". In der Nuntiatur in Santiago und in Osorno seien er und sein Mitarbeiter mit Hunderten Menschen zusammengetroffen. Viele hätten um ein persönliches Gespräch gebeten oder Briefe übergeben. Scicluna sicherte zu, binnen kurzem auf alle Mitteilungen zu antworten.

Bericht führte zum Aufarbeitungsprozess

Scicluna und Bertomeu waren bereits im Februar von Papst Franziskus zu Ermittlungen im chilenischen Missbrauchsskandal entsandt worden. Ihr 2.300 Seiten umfassender Bericht führte zum aktuellen Aufarbeitungsprozess. Scicluna bat von Missbrauch Betroffene, sich bei einer Kontaktstelle zu melden, die dem Vatikan unterstellt sein soll. Anders als von chilenischen Medien erwartet, benannte er keinen konkreten Verantwortlichen. Nach mehreren Gesprächen mit der Missbrauchskommission der Chilenischen Bischofskonferenz halte man es für angebracht, diese Aufgabe für den Übergang einigen Experten dieser Kommission zu übertragen, so Scicluna. Er habe "volles Vertrauen" in die Ausbildung, Kompetenz und Erfahrung dieser Personen, sagte der Erzbischof weiter.

In den Medien des Landes war die Missbrauchskommission durch ihren inzwischen zurückgetretenen Leiter, Bischof Alejandro Goic, in Misskredit geraten. In Goics Bistum Rancagua gibt es Vorwürfe gegen ein mutmaßliches Netzwerk von Priestern, die sich auch sexuell an Minderjährigen vergangen haben sollen.

Chilenische Medien berichteten unterdessen, Scicluna habe unmittelbar vor seiner Abreise nach Rom am Dienstagnachmittag (Ortszeit) am Flughafen noch der chilenischen Staatsanwaltschaft als Zeuge zur Verfügung gestanden. Die Befragung habe im Zusammenhang mit den Ermittlungen wegen Missbrauchsvorwürfen gestanden, sagte Staatsanwalt Raul Guzman dem Portal "Soy Chile". In Temuco teilte die regionale Staatsanwaltschaft mit, nach Bekanntwerden neuer Vorwürfe gegen drei Geistliche einen Sonderermittler einzusetzen.


Quelle:
KNA