Adveniat: Kolumbiens neuer Präsident "versöhnlich"

"Die Hoffnung in der Bevölkerung überwiegt"

In Kolumbien wird mit Iván Duque ein rechtskonservativer Kandidat Präsident. Vor der Wahl kündigte er an, das Abkommen mit der Farc zu ändern. Trotzdem sei die Bevölkerung hoffnungsvoll gestimmt, so Monika Lauer Perez von Adveniat.

Rechtskonservativer Kandidat Duque gewinnt Stichwahl ums Präsidentenamt / © Leonardo Munoz (dpa)
Rechtskonservativer Kandidat Duque gewinnt Stichwahl ums Präsidentenamt / © Leonardo Munoz ( dpa )

DOMRADIO.DE: Iván Duque von der rechten Partei Centro Democrático kam in der Stichwahl am Sonntag in Kolumbien auf 53,95 Prozent der Stimmen, was bedeutet sein Sieg? Was hat er jetzt vor?

Monika Lauer Perez (Kolumbien-Referentin beim Lateinamerikahilfswerk Adveniat): Es gibt einen Unterschied zwischen seinen Ankündigungen vor der Wahl und dem, was er jetzt sagt: Jetzt, wo er gewählt ist, gibt er sich versöhnlich und er kündigt an, der Präsident aller Kolumbianer zu sein und auf keinen Fall die Polarisierung der Gesellschaft weiter voranzutreiben. Das ist neu für einen Kandidaten der rechten Parteien.

DOMRADIO.DE: Wie bewerten Sie das?

Lauer Perez: Das ist schwierig zu sagen. Sicherlich wird die alte politische Elite versuchen, Einfluss zu nehmen. Aber wenn Duque wirklich der Präsident aller Kolumbianer sein möchte, dann wird er nicht nur auf deren Wünsche eingehen können, sondern muss alle Bereiche der Bevölkerung im Auge behalten.

Außerdem wird er – und das ist auch eine Neuheit für den kolumbianischen Präsidenten - eine sehr starke Opposition haben. Sein Gegenkandidat Gustavo Petro, der für die linken Parteien angetreten war und ein Befürworter des Friedensabkommens ist, hat schon angekündigt, eine entschlossene und starke Opposition zu bilden.

DOMRADIO.DE: Die Guerillabewegung FARC ist niemals besiegt worden, man musste also Kompromisse eingehen, damit sie überhaupt in den Friedensvertrag einwilligt. Duque hatte im Wahlkampf immer kritisiert, der Staat habe zu viele Zugeständnisse gemacht und sich beispielsweise auf zu geringe Strafen für die ehemaligen Guerillakämpfer eingelassen habe. Wie wird sie darauf reagieren?

Lauer Perez: Bislang hat sich der FARC-Flügel versöhnlich geäußert. Auch dort konnte man hören: Egal, wer jetzt gewonnen hat, das Abkommen wird weiter Bestand haben. Das sind zwar derzeit alles noch Spekulationen, aber im Moment scheint niemand Interesse daran zu haben, tatsächlich gravierende Veränderungen einzuleiten.

DOMRADIO.DE: Die Kirche war immer in die Friedensgespräche einbezogen, hat vermittelt und dafür gesorgt, dass die Verhandlungspartner weiter miteinander sprechen. Wie reagiert die Kirche nun auf dieses Wahlergebnis?

Lauer Perez: Es gibt bislang noch keine offizielle Stellungnahme der katholischen Kirche in Kolumbien. Aber wir haben von unseren Projektpartnern Kolumbien Rückmeldungen bekommen und die sind durchweg voller Hoffnung. Man kann sagen: Die Hoffnung in der Bevölkerung überwiegt.

DOMRADIO.DE: Das heißt, ein Wiederaufflammen des Bürgerkrieges in Kolumbien ist – wie es vor der Wahl befürchtet worden war – nicht wahrscheinlich?

Lauer Perez: Es sieht nicht so aus und ich glaube wirklich, die Zivilgesellschaft hat sich in der Zwischenzeit so gut organisiert, dass man nicht davon ausgehen kann, dass der Konflikt ohne weiteres wieder aufflammen wird.

Auch die zweite Rebellengruppe in Kolumbien, die ELN mit denen die Verhandlungen noch am Anfang stehen, hat sich auch noch nicht öffentlich geäußert. Und das lässt zumindest schon mal darauf schließen, dass es keine unüberlegten Aktionen geben wird.

DOMRADIO.DE: Sie unterstützen als Lateinamerika Hilfswerk viele Friedensprojekte im Land. Was bedeutet der Wahlaufgang jetzt für Ihre Arbeit im Land?

Lauer Perez: Dass unsere Arbeit wichtiger ist denn je. Wir werden weiterhin alle unsere Friedensprojekte unterstützen und wir teilen die Hoffnung der Kolumbianer auf Frieden. Für uns ist die Wahl jetzt ein Aufruf, uns mehr denn je um den Frieden in Kolumbien zu kümmern.

Das Interview führte Dagmar Peters.


Ivan Duque / © Fernando Vergara (dpa)
Ivan Duque / © Fernando Vergara ( dpa )
Quelle:
DR