Verschärft sich die Flüchtlingssituation in Uganda?

Krise im Nachbarland Kongo

Uganda gilt als eines der offensten Länder der Welt, was die Aufnahme von Flüchtlingen angeht. Die Konflikte in den Nachbarländern kommen jedoch nicht zur Ruhe. Helfer warnen, dass sich die Lage rasch zuspitzen könnte.

Flüchtlinge in Uganda / © Benoit Doppagne (dpa)
Flüchtlinge in Uganda / © Benoit Doppagne ( dpa )

Esther schläft friedlich im Arm ihrer Mutter. Sie hält das Baby eng an sich geschmiegt. "Das Kind hat keine Schuld", sagt sie.

Esther wurde nach einer Vergewaltigung geboren – und ist das einzige Familienmitglied, das ihrer Mutter nach der Flucht vom Kongo nach Uganda geblieben ist. Schicksale wie diese häufen sich in dem ostafrikanischen Land.

Jedem sein Land

Zuletzt kamen an manchen Tagen mehrere tausend Flüchtlinge über den Lake Albert im Nordwesten des Landes: Er verbindet Uganda mit dem Kongo, der seit Jahrzehnten immer wieder von schweren Konflikten erschüttert wird. Das Land ist reich an Bodenschätzen, um die mehrere bewaffnete Gruppen kämpfen; die Zivilbevölkerung leidet.

Die ugandische Regierung teilt jedem Flüchtling ein Stück Land zu, genug, um ein Zelt oder ein kleines Haus zu errichten und beispielsweise Mais anzubauen. Am Platz scheitert es nicht, sagt Jennifer Bose, die bis zum Wochenende für die Hilfsorganisation Care in Uganda unterwegs war.

Keine Option

Auch sähen die Ugander die Flüchtlinge als Schwestern und Brüder, denen sie in Not selbstverständlich helfen wollten: "Die Grenze zu schließen, ist für Uganda keine Option." An allem anderen aber fehle es: an Nahrung, Hilfsgütern, medizinischer Versorgung, Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten.

Im Bericht "Suffering in Silence" (dt. Leiden im Verborgenen) listet Care den Kongo auf Platz 5 der zehn humanitären Krisen, die im vergangenen Jahr die geringste Aufmerksamkeit erhielten. Insgesamt sind vier Millionen Kongolesen vertrieben, 620.000 von ihnen suchen derzeit Schutz in Nachbarstaaten. Die Öffentlichkeit bekommt davon wenig mit, wenn nicht gerade eine Geberkonferenz das Land in den Blick nimmt.

Konflikt im Kongo

Dabei bleibt die Lage vor Ort dramatisch. So wurde am Dienstag bekannt, dass ein Aktivist der preisgekrönten kongolesischen Bürgerbewegung La Lucha, Luc Nkulula, bei einem bislang ungeklärten Brand in seinem Haus ums Leben gekommen ist. Viele vermuteten politische Hintergründe, teilte das Ökumenische Netz Zentralafrika in Berlin mit.

Nothelferin Bose beschreibt den Konflikt im Kongo als barbarisch. Sie hat Bilder von massakrierten Menschen gesehen, mit Frauen gesprochen, die mehrere Kinder nach wiederholten Vergewaltigungen ausgetragen haben.

"Bei Null"

Care kümmert sich insbesondere um Mädchen und Frauen, die es auch in den Flüchtlingslagern schwer haben: Es gibt ohnehin wenige Toiletten und Waschgelegenheiten, die zudem nicht nach Geschlechtern getrennt sind. Die Helfer vermitteln medizinische Hilfe, begleiten Gewaltopfer zur Polizei und klären über die Gefahren von Kinderarbeit und Kinderheirat auf.

Diese Arbeit fange oft "bei Null" an, sagt Bose. "Wir versuchen als erstes klarzumachen, dass Gewalt nicht normal ist und nicht als normal empfunden werden sollte." Die gesellschaftlich vorherrschenden patriarchalischen Strukturen würden jedoch oft aus dem Kongo mit in die Flüchtlingslager gebracht.

Leid des Alltags

Besonders schlimm sei die Lage zudem für die jüngsten und die ältesten Campbewohner: jene, die allein nicht in der Lage sind, sich aus den Zeltplanen, die Hilfsorganisationen verteilen, eine Heimstätte aufzubauen. Auch die ausgegebenen Nahrungsrationen reichten kaum; in den wenigen vorhandenen Schulklassen säßen teils bis zu 200 Kinder.

"Es tut auch weh zu sehen, wie die Flüchtlinge unter ihrem eintönigen Alltag leiden. Die Kongolesen sind körperliche Arbeit gewöhnt, da sie häufig in der Landwirtschaft tätig waren", erklärt Bose. Im Camp gibt es kaum Aufgaben, die Zukunft ist ungewiss.

Wie geht es weiter?

Von 3 Millionen Euro, die allein Care nach eigenen Angaben bräuchte, um ausreichend Hilfe zu leisten, hat die Organisation bislang 200.000 Euro eingenommen. Zudem sei weiterhin mit hohen Flüchtlingszahlen zu rechnen.

In fast jeder Region des Kongo herrscht bereits Krieg, sagt Bose: "Oder es kann jederzeit Krieg ausbrechen." Darauf seien weder Uganda noch die Vereinten Nationen vorbereitet. "Seit den 60er Jahren nimmt Uganda immer wieder Flüchtlinge auf", so die Helferin. "Aber wie es künftig weitergehen kann, ist schwer zu sagen."


Quelle:
KNA