Eklat bei Rückkehr von Prager Kardinal Beran

"Wohin geht unser Land?"

Während Tschechiens Katholiken daran erinnern, wie der frühere Prager Kardinal Beran unter den Kommunisten litt, hofiert Präsident Zeman als erstes Staatsoberhaupt seit 1989 die einstige kommunistische Staatspartei.

Der Sankt Veitsdom in Prag / © Alexander Brüggemann (KNA)
Der Sankt Veitsdom in Prag / © Alexander Brüggemann ( KNA )

Bislang war das Verhältnis zwischen dem Prager Erzbischof Dominik Duka und dem tschechischen Präsidenten Milos Zeman sehr freundschaftlich. Für manchen Katholiken zu freundschaftlich. Etwa 100 katholische Laien beklagten jüngst in einem Brief an Papst Franziskus eine zu große Nähe von Kirche und Staat sowie eine "unkritische Unterstützung" Zemans durch Duka. Fraglich ist, ob beider Verhältnis auch künftig so gut sein wird.

Zeman hätte an diesem Wochenende ein wichtiges Zeichen gegenüber der katholischen Kirche setzen können: mit seiner bloßen Anwesenheit bei der großen Messe, die Duka im Prager Veitsdom mit tausenden Gläubigen für den früheren Kardinal Josef Beran feierte. Doch Zeman hatte schon einen anderen Termin in seinem Kalender.

Rückkehr in Heimat erst jetzt möglich

Die sterbliche Überreste des Kardinals waren an diesem Wochenende aus dem Vatikan in seine Heimat zurückgekehrt. Am Montagabend wird er dort seine letzte Ruhestätte finden. Bislang hatten seine Gebeine im Petersdom geruht. Die Grabstelle in der dortigen Krypta wird geschlossen. Die Grabtafel Berans kommt in seine Geburtsstadt Pilsen.

Beran war während der Nazi-Herrschaft in NS-Konzentrationslager verschleppt und unter der kommunistischen Diktatur in verschiedenen Internierungslagern eingesperrt worden. Zwischen 1949 und 1964 wurde er an wechselnden Orten interniert und von der Staatssicherheit der Tschechoslowakei überwacht. Der Grund: Beran hatte sich dagegen verwahrt, dass sich die Kirche dem Regime unterzuordnen habe.

1965 stimmten die Kommunisten zwar seiner Ausreise nach Rom zu, wo er zum Kardinal ernannt wurde. Doch er durfte nie in seine Heimat zurückkehren, auch nicht nach seinem Tod 1969. Erst jetzt wurde die Heimkehr möglich. Damit wurde dem Letzten Willen des früheren Kardinals Rechnung getragen.

Präsident ehrt Kommunisten

Während Berans Nachfolger Duka in der Messe an das Leid erinnerte, das diesem von den Kommunisten zugefügt wurde, erwies Zeman zeitgleich ausgerechnet eben diesen Kommunisten seine Ehrerbietung: Er sprach als Ehrengast auf dem Parteitag der Kommunistischen Partei Böhmens und Mährens (KSCM), der Nachfolgepartei der einstigen Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei. Ein solcher Schritt wäre dem 1989 gewählten Ex-Präsidenten Vaclav Havel im Traum nicht eingefallen. Auch dessen Nachfolger Vaclav Klaus vermied jede zu große Nähe zur KSCM.

Zwar fiel Zemans Rede mit Blick auf die wenig ruhmvolle Geschichte der Kommunisten stellenweise durchaus kritisch aus. Im Kern aber ermutigte das Staatsoberhaupt die Kommunisten, der künftigen Regierung in Prag über die parlamentarischen Hürden zu helfen. "Vertun sie diese Chance nicht", rief Zeman.

Politische Entwicklungen im Land

Besagte Regierung unter dem Milliardär Andrej Babis befindet sich seit Monaten in einem komplizierten Entstehungsprozess. Die Sozialdemokraten sind bereit zu neuerlichen Verhandlungen mit der Babis-Bewegung ANO. Die Kommunisten schließlich sollen einer solchen Regierung im Abgeordnetenhaus zur Mehrheit verhelfen.

Eine Aufgabe, die sie mit Kusshand erfüllen wollen. Noch nie seit der "Wende" hatten sie solch eine Bedeutung, bis hin zu Einfluss auf Personalentscheidungen - und das alles mit dem Segen des Staatsoberhauptes. Zeman hätte sich sogar eine Regierung von Babis mit direkter Beteiligung nicht nur der Kommunisten, sondern auch der rechtsextremistischen, fremden- und EU-feindlichen Partei des Tschecho-Japaners Tomio Okamura vorstellen können. Eine Regierung, die im Rest Europas Empörung ausgelöst hätte.

Kritik am Vorgehen des Präsidenten

Zemans Abwesenheit und die Teilnahme am KSCM-Parteitag riefen bei Besuchern der Messe im Veitsdom deutliche Reaktionen hervor. "Man muss sich langsam ernsthaft fragen, wohin unser Land geht", sagten Ordensfrauen aus Mähren der Katholischen ANchrichten-Agentur (KNA) im Anschluss. Ein betagter Prager Katholik, der Beran noch vor 1949 erlebt hat, sagte: "Die Rückkehr in die Heimat war sein letzter Wille (...) Ich bezweifle aber, dass er sich die Rückkehr in ein solches Land mit solch einem Präsidenten gewünscht hätte. In jedem Fall hätte er - würde er noch leben - eine Menge äußerst kritisch zu kommentieren."

Hans-Jörg Schmidt


Kardinal Josef Beran / © Ernst Herb (KNA)
Kardinal Josef Beran / © Ernst Herb ( KNA )

Milos Zeman, sozialdemokratische Politiker und ehemaliger tschechischer Präsident / © Jaroslav Oana (dpa)
Milos Zeman, sozialdemokratische Politiker und ehemaliger tschechischer Präsident / © Jaroslav Oana ( dpa )
Quelle:
KNA