Deutscher Pfarrer aus Barcelona zur Festnahme Puigdemonts

Eine Frage der Perspektive

Die Festnahme des ehemaligen katalanischen Regionalpräsidenten Carles Puigdemont bleibt umstritten, genauso wie die Frage seiner Auslieferung. Auch die Mitglieder einer deutsprachigen katholischen Gemeinde in Barcelona sind sich nicht einig.

Eine katalanische (l) und eine spanische Fahne / © Jordi Boixareu (dpa)
Eine katalanische (l) und eine spanische Fahne / © Jordi Boixareu ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wie haben die Menschen in ihrer Gemeinde die Festnahme Puigdemonts aufgenommen?

Ottmar Breitenhuber (Pfarrer in der deutschsprachigen katholischen Gemeinde Sankt  Albertus-Magnus in Barcelona): Unterschiedlich. Die meisten Mitglieder unserer Gemeinde sind natürlich deutscher Nationalität. Die sehen die Situation und jetzt auch ganz konkret diese Festnahme ähnlich wie viele in Deutschland: Sie hoffen, dass es jetzt vielleicht einen Schritt weiter geht und dass Deutschland vernünftig reagiert. Viele meinen, dass es vielleicht das Sinnvollste ist, wenn Puigdemont jetzt nach Spanien ausgeliefert wird, damit der juristische Prozess zu irgendeinem Ergebnis führt. 

Viele unserer Gemeindemitglieder sind aber auch entweder Spanier oder Katalanen - deutschsprachig, weil sie mit Deutschen verheiratet sind. Und die sehen das zum Teil von einer anderen Perspektive. Die meisten Katalanen bei uns der Gemeinde sind eher separatistisch und hoffen jetzt, dass Deutschland auch auf die Zentralregierung in Madrid einwirkt, damit die Anliegen der Katalanen endich gehört werden. 

DOMRADIO.DE: Rund um die Unabhängigkeitsbemühungen gab es schon im letzten Jahr große Demonstrationen. Auch am Sonntag sind die Menschen nochmal auf die Straße gegangen. Wie ist denn da die Stimmung? Ist die eher aggressiv oder wie würden Sie sie beschreiben? 

Breitenhuber: Ich glaube, dass die Demonstrationen grundsätzlich ziemlich ruhig ablaufen. Ich wohne im Zentrum und da spielen sich vieler dieser Demonstrationen ab. Die Demos im Oktober und November und auch im Umfeld der Wahlen waren wirklich äußerst ruhig.

Es wurde immer darauf geachtet, dass keine Gewalt angewendet wird. Am vergangenen Sonntag muss es ein paar Ausschreitungen und auch Festnahmen gegeben haben. Aber insgesamt bleibt es bei diesem Demonstrationen relativ ruhig. 

DOMRADIO.DE: Wird denn jetzt die Festnahme Puigdemonts als endgültige Niederlage für die Separatisten gewertet und auch für die Unabhängigkeit Kataloniens insgesamt? 

Breitenhuber: Das glaube ich nicht, denn die Katalanen haben ja auch damit gerechnet. Als am Freitag der europäische Haftbefehl eingesetzt wurde, mussten sie ja davon ausgehen, dass eine der europäischen Polizeien Puigdemont irgendwann festnimmt. Die Frage ist jetzt eben nur: Wie geht die deutsche Justiz damit um? 

Das Interview führte Martin Mölder. 


Carles Puigdemont / © Virginia Mayo (dpa)
Carles Puigdemont / © Virginia Mayo ( dpa )
Quelle:
DR