Renovabis fürchtet Arbeitseinschränkungen in Ungarn

"Die Entwicklung ist besorgniserregend"

Ein geplantes Gesetzespaket in Ungarn bedroht die Arbeit von Organisationen, die dort Flüchtlingen helfen. Auch das Osteuropa-Hilfswerk Renovabis befürchtet Restriktionen. Ungarn-Referentin Christiana Hägele zur schwierigen Arbeit der Helfer.

Internierungslager für Asylsuchende in Ungarn / © Sandor Ujvari (dpa)
Internierungslager für Asylsuchende in Ungarn / © Sandor Ujvari ( dpa )

DOMRADIO.DE: Das geplante Gesetzespaket "Stop Soros" ist in Ungarn und auch international umstritten. Worum geht es im Detail?

Christiana Hägele (Ungarn-Referentin des katholischen Osteuropa-Hilfswerks Renovabis): Es geht darum, dass die Regierungspartei Fidesz Organisationen begrenzen möchte, die Flüchtlinge unterstützen. Das Gesetzespaket hat drei Elemente: NGOs, die Migranten unterstützen, sollen zukünftig die Genehmigung des Innenministeriums brauchen. Flüchtlingshelfern soll der Zugang zum Grenzgebiet verboten werden. Und auf Spenden aus dem Ausland für solche NGOs soll es eine Strafsteuer von 25 Prozent geben. 

DOMRADIO.DE: Was würde das denn für Ihre Arbeit in Ungarn bedeuten?

Hägele: Es ist momentan noch ganz schwer absehbar, wie das Gesetz genau ausbuchstabiert wird, wenn es denn beschlossen wird. Ein Bestandteil, das Verbot von NGOs, bräuchte eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament und die hat die Regierung nicht. Bei den anderen zwei Gesetzeselementen ist ein Beschluss wahrscheinlicher.

Es ist auch schwer zu sagen, ob die kirchlichen Organisationen, die sich für Flüchtlinge einsetzen, von dem Gesetz in gleicher Weise mitbetroffen sind oder ob es da eventuell Ausnahmeregelungen gibt. Auf jeden Fall ist die Entwicklung besorgniserregend. Es lässt sich einfach auch für unsere Partner noch nicht absehen, was für Konsequenzen das hat.

Wir haben seit 2015 verschiedene Partner in diesem Bereich in Ungarn unterstützt - zum Beispiel die katholische Jugendstiftung in Szeged, direkt an der ungarisch-serbischen Grenze. Die Stiftung hat sich schon ganz früh durch die Verteilung von Essenspaketen engagiert und hat bei Renovabis damals Hilfe für ein bestimmtes Projekt beantragt: Einen Informationsbus, also einen Bus mit Internetzugang und Handylademöglichkeiten, um Migranten die Möglichkeit zu geben, Kontakt zu ihren Familien zu Hause aufzunehmen.

Man muss sehen, dass die katholische Kirche in Ungarn keine einheitliche Haltung zu dem Thema hat. Es gab aber von Anfang an kritische Stimmen, die gemahnt haben, man müsse auf die Menschenwürde achten und deshalb Migranten in dieser Situation unterstützen. 

Bei unseren Partnern sehen wir sowieso gerade eine Phase der Umorientierung. Es gibt momentan kaum mehr Migranten in den Aufnahmeeinrichtungen. Aktuell ist die Situation an der Grenze so, dass - ganz stark reglementiert - fünf Personen pro Tag in den Transitbereich nach Ungarn hineindürfen und damit in das offizielle Asylverfahren in Ungarn eintreten. 

DOMRADIO.DE: Spüren Sie denn jetzt schon Einschränkungen durch die ohnehin schon restriktive Flüchtlingepolitik in Ungarn? 

Hägele: Unsere Partner waren natürlich von Anfang an vorsichtig, um ihre Arbeit nicht zu gefährden. Sie haben immer versucht, in dem Rahmen, den die Gesetze ihnen eröffnet haben, zu agieren und Migranten zu helfen. Nun muss man schauen, wie sich die neue Situtation auswirkt.

Das Interview führte Silvia Ochlast. 


Quelle:
DR