Diskussion um den Papst-Vorschlag

Schadet ein geändertes Vaterunser der Ökumene?

Man kann es im Schlaf: Das Vaterunser ist das bekannteste Gebet der Christen. Und es soll jetzt vielleicht geändert werden. Ein Vorschlag, der für Aufsehen sorgt – auch in der Ökumene.

Beten in der Kirche (dpa)
Beten in der Kirche / ( dpa )

DOMRADIO.DE: Was sagen Sie zu diesem Änderungswunsch des Papstes?

Thomas Zalfen (Pastoralreferent in den Kölner Innenstadtgemeinden St. Gereon, Herz Jesu und St. Mauritius): Ich kann verstehen, was der Papst meint. Aus meiner pastoralen praktischen Erfahrung aber habe ich sofort Bedenken bekommen, als ich davon gehört habe. Ich bin erst seit kurzem wieder in einer Gemeinde, denn ich war vier Jahre lang im Krankenhaus tätig. Dort habe ich viele existenzielle Erfahrungen machen dürfen. Ich war mit Menschen zusammen, die in wirkliche Krisen gestürzt waren, in denen es irgendwann auch keinen Halt mehr gab, bis schließlich die Worte fielen: "Da ist nichts mehr". Daraufhin holte man einen Seelsorger dazu und man hat sich an alles geklammert, was noch irgendwie da war. Und dann ist das Vaterunser aus den tiefsten Tiefen der Kindheit wieder da. Ich hab die Erfahrung gemacht, dass sich dann in einem Menschen etwas bewegen kann. Wenn da nun neue Worte gefunden werden: Ich weiß nicht, ob wir dann den Menschen nicht mehr Schaden zufügen, als Nutzen bringen.

DOMRADIO.DE: Wenn Papst Franziskus jetzt aber diesen Vorschlag macht – muss man sich dann nicht danach richten?

Zalfen: So wie ich den Papst bis jetzt verstanden habe, liegt ihm viel an der Diskussion über das Thema. Die Debatten fangen jetzt offensichtlich an. Mein Eindruck ist, dass dieser Vorschlag eher von oben kommt, als von den Menschen selbst. Es ist also eher der Papst und es sind Theologen oder Bischöfe, die das anstoßen und ihre Meinung sagen und weniger die Menschen von der Straße oder die einfachen Gläubigen.

DOMRADIO.DE: Was bedeutet Ihnen das Vaterunser?

Zalfen: Für mich ist es ein formelhaftes Gebet, das mir meistens in der Liturgie begegnet. Es ist für mich das Gebet, das von Jesus kommt, das er uns beigebracht hat und das mich mit meinen Brüdern und Schwestern verbindet – und das nicht nur in meiner Kirche, in der katholischen Kirche, sondern über die Konfessionsgrenzen hinaus. Wenn ich auf der Intensivstation stehe und mit einem Patienten das Vaterunser bete und dann auf einmal  hinter dem Paravan jemand mitbetet und sich herausstellt, dass dieser jemand eine evangelische Christin ist; dann passiert da etwas, das sehr tief verbindet.

Das Interview führte Verena Tröster.


Quelle:
DR
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