Kathedrale in Pristina wird Mutter Teresa gewidmet

Geschenk zum 20. Todestag der Ordensfrau

Damals, vor zwölf Jahren, schien das Vorhaben allzu verwegen. Kein Geld für den Bau - und auch kaum Katholiken in der Hauptstadt. Doch heute steht die Kathedrale von Pristina. Nun bekommt sie den Namen von Mutter Teresa.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Gläubige mit Bild von Mutter Teresa / © Cristian Gennari (KNA)
Gläubige mit Bild von Mutter Teresa / © Cristian Gennari ( KNA )

Der katholische Bischof und der Staatspräsident hatten einen Plan: eine Kathedrale für die Hauptstadt des Kosovo. Zwar hatte die Regierung kein Geld, um die selbst fast mittellose Kirche zu fördern. Allerdings übertrug sie ihr ein Grundstück von 13.000 Quadratmetern bebaubarer Fläche im Herzen von Pristina, das die Träume von Bischof Marko Sopi höher fliegen ließ. Bislang in der im Süden gelegenen Provinzstadt Prizren ansässig, arbeiteten er und sein Stab Anfang der 2000er Jahre intensiv am Projekt "Präsenz in der Hauptstadt". 2005 wurde der Grundstein für die neue Bischofskirche gelegt.

Zwar sind unter den mehr als 200.000 Einwohnern von Pristina nur rund 1.500 katholisch. Dennoch sollte nach den Vorstellungen der Kirchenführung auf dem Filetstück schräg gegenüber der Nationalbibliothek ein veritabler Katholiken-Komplex entstehen: mit Kathedrale, Bischofshaus, Grundschule, Schwesternheim, Kindergarten, Begegnungszentrum, Bibliothek und Theater.

Doch im Januar 2006 starben binnen weniger Tage erst Bischof Sopi und dann Staatspräsident Ibrahim Rugova. Die Bauarbeiten kamen zum Erliegen. Erst 2007 ging es weiter, vor allem dank Spenden von Auslands-Kosovaren. 2010 konnte das Dach gedeckt und die Kathedrale geweiht werden; seitdem finden dort Gottesdienste statt. Fertig ist das Gebäude freilich noch nicht. So steht bislang erst einer der zwei geplanten 70 Meter hohen Kirchtürme im Stil der Neorenaissance.

Mutter-Teresa-Kathedrale

Zum 20. Todestag von Mutter Teresa (1910-1997) an diesem Dienstag erhält die Bischofskirche nun auch offiziell den Namen der Ordensgründerin. Das 2010 geweihte Gotteshaus im Zentrum der Hauptstadt heißt dann - ein Jahr nach der Heiligsprechung der "Mutter der Armen" - künftig "Mutter-Teresa-Kathedrale". Als Agnes Gonxha Bojaxhiu wurde die Friedensnobelpreisträgerin in der heutigen mazedonischen Hauptstadt Skopje geboren; ihre Mutter war Albanerin aus dem heutigen Kosovo.

Die Kathedrale in Pristina soll neuer Sitz der Apostolischen Administratur von Prizren werden, die 2000 durch die Teilung der Diözese Skopje-Prizren entstand. Aber warum der Plan einer Bischofskirche in der Hauptstadt? Und was verband den intellektuellen Politiker Rugova mit der kleinen Minderheit von nur rund 65.000 Katholiken im Kosovo?

Katholiken natürliche Brücke zwischen Serben und Albanern

Tatsächlich bilden die Katholiken mit ihrer albanischen und ihrer christlichen Identität eine Art natürlicher Brücke zwischen den verfeindeten Parteien der Serben und Albaner. Die orthodoxen Serben, deren Bevölkerungsanteil nur noch bei maximal sechs Prozent liegt, sehen im Kosovo mit seinen mittelalterlichen Klöstern die Wiege ihrer Kultur. Doch 1389 fand die serbische Vorherrschaft mit dem Sieg der Türken in der Schlacht auf dem Amselfeld ein abruptes Ende. Die überwiegend muslimischen Kosovo-Albaner begründeten ihre staatliche Unabhängigkeitserklärung von 2008 damit, dass die Region seit spätestens Ende des 17. Jahrhunderts von einer deutlichen albanischen Mehrheit besiedelt ist.

Die Katholiken sind zum allergrößten Teil Albaner, also "Blutsbrüder" jener albanischen Muslime, die dem Katholizismus in den Jahrhunderten nach dem Schicksalsjahr 1389 allmählich den Rücken kehrten und fortan einem moderaten, eher dem Gefallen der türkischen Besatzer als religiösem Eifer folgenden Islam anhingen. Zugleich werden die Katholiken als die christlichen "Glaubensbrüder" der orthodoxen Serben gesehen - deren Unterdrückungspolitik gegen die Kosovo-Albaner bis heute nicht vergessen ist.

Bischof Dode Gjergji (54), als Apostolischer Administrator von Prizren seit 2006 Oberhirte der Katholiken im Kosovo, sieht seine Kirche als mögliche Brückenbauerin - so wie Ende der 80er Jahre, als zwei katholische Intellektuelle zu Wegbereitern einer großen Versöhnungsinitiative wurden. Rund 20.000 albanische Großfamilien sandten damals Vertreter in sogenannte Versöhnungsräte, um in feierlichen Zeremonien die Blutrache zu beenden, die ihr Volk seit Jahrhunderten im Würgegriff hielt.

Große Moschee neben Kathedrale?

Gleich neben der Kathedrale wurde auch die neue Bischofsresidenz gebaut. Zu Beginn des Projekts waren warnende Stimmen laut geworden, dass ein solches Großprojekt einer politischen Manifestation der Katholiken gleichkomme. Denn ein kirchenpolitisches Mahnmal steht nur wenige hundert Meter entfernt: der gescheiterte Versuch der Serben, mit einer orthodoxen Kathedrale noch in den 90er Jahren einen politisch motivierten religiösen Pflock ins Stadtzentrum einzurammen.

Die Bauruine der Christ-Erlöser-Kirche mit dem goldenen Dachkreuz steht als hohles Mahnmal der Okkupation auf der anderen Seite der Nationalbibliothek. Sie wird als Symbol der verhassten Herrschaft von Slobodan Milosevic (1941-2006) gesehen.

Unter den kosovarischen Muslimen gibt es immer wieder Stimmen, neben der Kathedrale nun auch eine neue große Moschee zu errichten - als Symbol der Harmonie zwischen den Religionen. Bis heute haben die Muslime in Pristina lediglich viele kleine Moscheen aus osmanischer Zeit. Die kontroverse Debatte um die Planungen endete bereits mehrfach in Polizeieinsätzen, um Beter und Protestierer zu trennen.


Quelle:
KNA