Befreiungstheologe und Minister Miguel d'Escoto gestorben

Späte Aussöhnung mit Rom

Als Außenminister der Sandinisten in Nicaragua war Miguel D'Escoto einst der starke Mann in der Regierung von Daniel Ortega. Johannes Paul II. suspendierte ihn dafür vom Priesteramt. Die Aussöhnung mit Rom kam spät.

Autor/in:
Johannes Schidelko
Befreiungstheologe und Minister Miguel d'Escoto  / © Barb Fraze (KNA)
Befreiungstheologe und Minister Miguel d'Escoto / © Barb Fraze ( KNA )

Ein weiterer prominenter Befreiungstheologe der 80er Jahre ist tot. Miguel d'Escoto Brockmann, Priester und Politiker aus Nicaragua, starb am Donnerstag im Alter von 84 Jahren nach langer Krankheit in Managua.

Nach dem Sturz von Diktator Anastasio 1979 wurde d'Escoto, damals Pater in der Maryknoll-Mission, Minister der marxistischen Sandinisten in Nicaragua. Als Außenminister war er von 1979 bis 1990 der starke Mann unter Daniel Ortega. Freilich stand er international im Schatten der Brüder Cardenal, seiner Ministerkollegen. Der Jesuit Fernando (heute 83) wurde Bildungsminister, dessen Bruder Ernesto (92) Kulturminister.

Mehrjährige Ermahnungen und Klärungsversuche

Wie sie war auch d'Escoto katholischer Priester. Da aber gemäß dem Kirchenrecht geistlicher Stand und politisches Amt unvereinbar sind - erst recht in einer sozialistischen Partei - wurden die drei "Priesterminister" nach mehrjährigen Ermahnungen und Klärungsversuchen 1985 von Papst Johannes Paul II. (1978-2005) vom Priesteramt suspendiert.

Erst 2014 nahm Papst Franziskus die Maßnahme für D'Escoto zurück. Der Priester hatte ihm einen Brief geschrieben. Er wolle "zurückkehren und wieder die Messe feiern" dürfen - vor seinem Tod, bat er. Und Franziskus stimmte zu. Die Ordenskongregation zog die Strafe zurück.

Streit um Beibehaltung ihrer Doppelfunktion

Jahrelang hatten die drei "Priesterminister" mit ihren kirchlichen Oberen um die Beibehaltung ihrer Doppelfunktion gestritten. Die Kirche betonte, der Priester müsse als Seelsorger für alle Menschen da sein. Sein Amt sei unvereinbar mit politischer Machtausübung, unterstrich Kardinal Miguel Obando Bravo (91) von Managua, damals der geistliche Gegenspieler von Sandinisten-Chef Ortega. Dagegen argumentierten die priesterlichen Politiker, sie könnten der Kirche am besten durch die Förderung der sandinistischen Revolution dienen.

In die Kontroverse schaltete sich schließlich der Papst aus Polen persönlich ein - aus eigener Erfahrung ein äußerst entschiedener Antikommunist. Das Bild von Johannes Paul II., der im Stadion von Managua mit erhobenem Zeigefinger und strengem Blick auf den vor ihm knienden Ernesto Cardenal einredete, ging um die Welt.

Internationale Beachtung

Es waren die Jahre der Auseinandersetzung um die Befreiungstheologien in Lateinamerika. Der Papst und sein Cheftheologe Kardinal Joseph Ratzinger verurteilten in zwei Dokumenten 1984 und 1985 marxistische Denkansätze und Einflüsse in dieser Theologie, die immer mehr Beachtung auch in Europa fand. Vor diesem Hintergrund fand das Tauziehen um die nicaraguanischen "Priesterminister" auch  international Beachtung

1985 stellten der Vatikan und die zuständigen Ordensgemeinschaften ein Ultimatum - d'Escoto war Maryknoll-Pater, Fernando Cardenal Jesuit, und sein Bruder Ernesto hatte geistliche Wurzeln bei den Trappisten. Alle drei wollten auf das politische Amt nicht verzichten - und wurden suspendiert.

Die erwartete Geste kam nicht zustande

Dabei blieb es auch, als Daniel Ortega Anfang 1988 zu einer Audienz in den Vatikan kam - fünf Jahre nach dem Papstbesuch im Land, wo Sandinisten-Funktionäre die Papstmesse erheblich gestört und den Kirchenführer mit marxistischen Parolen niedergeschrien hatten. Damals rechnete man mit einem Auszug der drei Minister aus dem Kabinett. Doch die erwartete Geste kam nicht zustande.

D'Escoto hatte von Anfang an die kirchliche Suspendierung akzeptiert. Er blieb weiter in seiner Missionsgemeinschaft, ohne jedoch pastorale Aufgaben wahrzunehmen. 2008 wurde er dann für ein Jahr Präsident der UN-Vollversammlung. Später, als er keine politischen Aufgaben mehr innehate, stand 2014 der Rücknahme der Suspendierung nichts mehr im Wege. Nun ist Miguel d'Escoto Brockmann gestorben - als aktiver Priester.


Quelle:
KNA