Bald fallen in der Geburtskirche von Bethlehem die Gerüste

Million Steinchen gereinigt

Nach der Restaurierung in der Jerusalemer Grabeskirche enden auch die Arbeiten in der Bethlehemer Geburtskirche. Es ist die zweite Sicherung einer Heiligen Stätte im Heiligen Land.

Autor/in:
Johannes Schidelko
Die Front der Geburtskirche in Bethlehem / ©  Stefanie Järkel (dpa)
Die Front der Geburtskirche in Bethlehem / © Stefanie Järkel ( dpa )

Noch lässt sich die ganze Pracht hinter den Gerüsten nur erahnen. Aber voraussichtlich im Juli sollen die Absperrungen und Sichtblenden in der Geburtskirche von Bethlehem verschwinden und den Blick auf die Goldwände und Mosaike freigeben. In einem aufwändigen Verfahren wurden die über 800 Jahre alten Kunstwerke in einer der ältesten Kirchen der Christenheit gereinigt, fixiert - und damit gerettet. Das düster wirkende Gotteshaus an dem Ort, wo nach der Tradition Jesus Christus geboren wurde, erhält wieder etwas von seinem alten hellen Glanz zurück.

Leider sind von den rund 2.000 Quadratmetern Mosaiken aus der Kreuzfahrerzeit nur noch 123 Quadratmeter erhalten. Der Großteil wurde in osmanischer Zeit beschädigt, abgehauen oder fiel dem Erdbeben von 1836 zum Opfer. Weiter hatte eindringende Feuchtigkeit den Putz so porös gemacht, dass auch der Rest ernsthaft gefährdet war. Zudem hatte Kerzenruß die Farbenpracht in ein dunkles Einheitsgrau verwandelt.

Über eine Million Steinchen gereinigt

In zweieinhalbjähriger Arbeit wurden die Mosaiken behutsam restauriert: Neun fast komplett erhaltene Abbildungen und sieben Engelsfiguren. 1.155.000 Steinchen, meist Glas mit einem Film von Gold oder Silber, dazu Grün oder Blau aus oxidiertem Glas wurden gereinigt und mit einer speziellen Injektion stabilisiert.

Die nach einer Ausschreibung von den Palästinenser-Behörden beauftragte Firma Piacenti aus Prato bei Florenz verzichtete weitgehend auf das Ergänzen von Leerstellen. Nur wo es unmittelbar religiöse Belange betraf, besserten sie aus. Etwa wenn die Augen von Christus oder von Aposteln herausgefallen waren, wurden schwarze Steinchen einsetzt. Dazu habe man sich aber sehr selten entschlossen, sagte der zuständige Ingenieur Ibrahim Abedrabbo.

Darstellung des ungläubigen Thomas erhalten

Erhalten geblieben und jetzt in ihren Originalfarben funkelnd sind im Querschiff der Basilika eine Darstellung des ungläubigen Thomas, der die Seitenwunde Jesu berührt, sowie die Himmelfahrt Jesu. Auf der anderen Seite folgt sein triumphaler Einzug in Jerusalem, an den die Kirche zu Palmsonntag erinnert. Von der Verklärung Christi sind nur noch Bruchstücke erhalten. Die Restauratoren entdeckten dabei eine große Ähnlichkeit mit einem Mosaik in der Normannenkapelle von Palermo, das 25 Jahre älter ist.

Im Längshaus findet sich rechts unten eine Darstellung des Stammbaums Jesu nach dem Matthäus-Evangelium. Während das Bild seines Vaters Josef weitgehend zerstört war, sind sieben weitere Vorfahren gut erhalten. In den Bändern darüber waren rechts die ersten sieben Ökumenischen Konzilien dargestellt und links sechs Synoden, etwa die von Sardica, die ohne Erfolg den theologischen Streit um Arius beizulegen versuchte. In allen Darstellungen findet sich ein Evangeliar auf einem Lesepult und darüber ein Text mit den wesentlichen Aussagen der Kirchenversammlung.

Säulen müssen noch gereinigt werden

Vor der endgültigen Freigabe liegen noch Arbeiten an der Elektroinstallation und dem Feuerschutz. Aber dann steht schon das nächste Projekt an. Auch die 50 Säulen der Basilika, von denen 32 mit Heiligenfiguren aus Ost und West bemalt sind, sind verschmutzt und sollen nacheinander gereinigt und konserviert werden.

Mit der Reinigung allein ist es jedoch nicht getan. Auch die Ursachen der Verschmutzung müssen reduziert werden, die im wesentlichen von den unzähligen Kerzen und dem Weihrauch stammt. Die Griechisch-Orthodoxen haben bereits einen zentralen Kerzenständer installiert, der mit einem raffinierten Entlüftungssystem 90 Prozent der schädlichen Stoffe abfängt, betont Abedrabbo.

Dachstuhl in Gefahr

Die wichtigste Arbeit stand freilich ganz am Anfang: Die Erneuerung des Dachstuhls. Die 1.500 Jahre alten Balken aus der Zeit von Kaiser Justinian waren so morsch, dass akute Einsturzgefahr bestand - mit womöglich katastrophalen Folgen für Pilger, die jedes Jahr millionenfach kommen. Mit einem Machtwort brachte Palästinenserchef Mahmud Abbas die drei störrischen Kircheneigner an den Verhandlungstisch. Allerdings hat dieses gemeinsame Projekt die getrennten Kirchen einander etwa näher gebracht. Timeline für die verbliebene Arbeiten ist das Jahr 2020. Dann wird Bethlehem Kulturhauptstadt der arabischen Welt.


Geburtskirche in Bethlehem / © Debbie Hill (KNA)
Geburtskirche in Bethlehem / © Debbie Hill ( KNA )
Quelle:
KNA