Lage in Venezuela

Hilfswerke fordern Entschuldungsverfahren

​Angesichts der schweren Wirtschafts- und Versorgungskrise in Venezuela fordern Misereor und erlassjahr.de ein Verfahren zur Entschuldung. In dem südamerikanischen Land wächst die Angst vor einem Bürgerkrieg. 

Demonstrantin in Venezuela / © Fernando Llano (dpa)
Demonstrantin in Venezuela / © Fernando Llano ( dpa )

Die internationale Gemeinschaft müsse auf Präsident Nicolas Maduro einwirken, "endlich den humanitären Notstand auszurufen", mahnte die Misereor-Länderreferentin für Venezuela, Almute Heider. Erst dann sei effiziente Hilfe aus dem Ausland und von internationalen Organisationen möglich - die angesichts einer täglich wachsenden Zahl von Bedürftigen dringend gebraucht werde.

Partner des Werks für Entwicklungszusammenarbeit berichten demnach von katastrophalen Zuständen im Land. Die Menschen seien verarmt, erklärte Heider. Sie litten an Unterernährung, es fehlten auch Medikamente. Die Sicherheitslage beschrieb sie als prekär, Helfer seien immer häufiger Bedrohungen ausgesetzt.

Versorgungskrise und politische Spannungen

Venezuela wird seit mehr als drei Jahren von einer schweren Versorgungskrise und schweren politischen Spannungen erschüttert. Menschenrechtsorganisationen und die katholische Kirche kritisieren eine politische Verfolgung von Oppositionellen sowie die Unterdrückung demokratischer Grundwerte.

Der Politische Koordinator beim deutschen Entschuldungsbündnis erlassjahr.de, Jürgen Kaiser, pochte auf ein Verfahrung zur Lösung der Schuldenkrise. "Die 10 Milliarden US-Dollar, die das Land jährlich an Schuldendienst leistet, würden ausreichen, um die gravierenden Versorgungslücken beim Import von Lebensmitteln und Medikamenten zu schließen", erklärte er.

Bei einem Verfahren, wie es die UN-Konferenz für Handel und Entwicklung vorschlägt, würde den Angaben zufolge eine unabhängige Instanz prüfen, wie viel erlassen werden muss, damit die Schuldenlast ein tragfähiges Niveau erreicht. Außerdem würde die Zivilgesellschaft in den Prozess mit einbezogen, um so für alle Beteiligten eine faire Lösung zu finden und dafür zu sorgen, dass die Entschuldung tatsächlich den Menschen im Land zugutekommt.

Eskalation statt Entspannung

Die Proteste in Venezuela eskalieren zunehmend. Seit Anfang April starben 39 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Junge Gegner der Regierung werfen seit Tagen mitunter auch mit Fäkalien, Exkrementen und Urin gefüllte Beutel und Flaschen auf Soldaten und Polizisten der Nationalgarde, die mit Tränengasbomben versuchen, sie zurückzudrängen.

Auch im Inland wächst von vielen Seiten der Druck auf Maduro, da ein Bürgerkrieg drohen könnte. Die Toten sind überwiegend Anhänger der Opposition, aber auch Sicherheitskräfte und Anhänger der Sozialisten starben, einige der Opfer kamen auch bei Plünderungen ums Leben.

Misswirtschaft und Lebensmittelkrise

Die Opposition fordert das Militär zum Bruch mit Maduro auf. Die Demonstranten sehen Venezuela unter dem Sozialisten auf dem Weg in die Diktatur - sie fordern rasche Neuwahlen und die Freilassung von Gefangenen wie des Oppositionsführers Leopoldo López. Maduro wirft der Opposition vor, mit Hilfe der US-Regierung von Präsident Donald Trump einen Putsch vorzubereiten - zuletzt traf sich Parlamentspräsident Julio Borges mit hochrangigen US-Vertretern.

Das Land steht nach Jahren der Misswirtschaft vor dem Ruin, Lebensmittel und Medikamente fehlen. Nach neuesten Zahlen starben allein 2016 rund 11.500 Kinder jünger als ein Jahr, was einen Anstieg der Kindersterblichkeit um rund 30 Prozent bedeutet. Mindestens 1.600 Menschen wurden in den vergangenen vier Wochen festgenommen, das von der Opposition dominierte Parlament wehrt sich gegen ein Aburteilen von Gegnern Maduros durch Militärtribunale.


Quelle:
KNA , dpa