Wieder Tote bei Massenprotesten in Venezuela

"Bürgerkrieg nicht auszuschließen"

Bei den Massenprotesten gegen die venezolanische Regierung sind erneut Menschen ums Leben gekommen. Pfarrer Lars Pferdehirt berichtet aus Caracas von einer drohenden Eskalation.

Protestierende in Caracas / © Miguel Gutierrez (dpa)
Protestierende in Caracas / © Miguel Gutierrez ( dpa )

Medien berichteten von mindestens drei Toten, nachdem am Mittwoch (Ortszeit) landesweit Hunderttausende Demonstranten auf die Straße gegangen waren. Der in Caracas lebende deutsche Pfarrer Lars Pferdehirt sprach von einem "Tag der absoluten Ausnahme". Die Gewalt drohe zu eskalieren, ein Bürgerkrieg sei nicht auszuschließen, sagte er dem Südwestrundfunk.

"Wenn ich den Verantwortlichen zuhöre: Da deeskaliert man nicht", erklärte Pferdehirt: "Es scheint eher in die andere Richtung zu gehen." Die Stimmung in der Hauptstadt Caracas nach den Protesten sei "gespenstisch". Neben den Anhängern der Opposition gegen den sozialistischen Präsidenten Nicolás Maduro demonstrierten am Mittwoch auch Zehntausende Sympathisanten der Regierung.

Demonstrantin erschossen

In San Cristóbal im Westen des Landes wurde dabei eine 23 Jahre alte Demonstrantin erschossen, wie die Zeitung "El Universal" in ihrer Online-Ausgabe berichtete. In der Hauptstadt Caracas wurde ein 17-Jähriger durch einen Kopfschuss tödlich verletzt. Dort fiel nach Medienberichten auch ein Mitglied der Sicherheitskräfte der Gewalt zum Opfer. Die Zahl der Toten bei den seit knapp drei Wochen anhaltenden Protesten ist damit auf mindestens acht gestiegen.

Auslöser der Protestwelle war die vorübergehende Entmachtung des von der Opposition dominierten Parlaments durch das Oberste Gericht Ende März. Augenzeugen unter den Demonstranten und Oppositionsmitglieder machten jeweils Mitglieder von bewaffneten Motorrad-Milizen für die tödlichen Schüsse vom Mittwoch verantwortlich. Mehrere hundert Demonstranten wurden nach Angaben von Menschenrechtlern festgenommen.

Jahrelanger Machtkampf

Seit Jahren liefern sich Sozialisten und das bürgerliche Lager in Venezuela einen erbitterten Machtkampf. Die Opposition wirft der Regierung Misswirtschaft und eine Aushöhlung des Rechtsstaats vor. Präsident Maduro beschuldigt die Kritiker, mit einem Wirtschaftskrieg und ausländischer Unterstützung einen Umsturz zu provozieren. Die Lage ist zudem angespannt, weil Venezuela unter anderem wegen des Ölpreisverfalls eine schwere Wirtschafts- und Versorgungskrise durchlebt. Viele Güter des täglichen Bedarfs sind Mangelware.

Die Venezolanische Bischofskonferenz rief Regierung und Opposition dazu auf, das Recht auf Demonstrationen sowie die Gesundheit und das Eigentum anderer zu respektieren. Panamas Präsident Juan Carlos Varela appellierte an Maduro, den vom Vatikan vermittelten und zuletzt ruhenden Dialog zwischen Regierung und Opposition zu reaktivieren.


Quelle:
epd , KNA