Ein spiritueller Stadtrundgang durch Jerusalem

Wo Touristen zu Pilgern werden

Ein altes Sprichwort sagt: Kein Mensch, der nach Jerusalem kommt, wird den Ort so verlassen, wie er angekommen ist. Zu den Kar- und Ostertagen sind Pilger aus aller Welt in der Heiligen Stadt. Ein spiritueller Rundgang durch die Stadt.

Blick auf den Felsendom / © Renardo Schlegelmilch (DR)
Blick auf den Felsendom / © Renardo Schlegelmilch ( DR )

Los geht es am Damaskustor, dem Haupteingang der Altstadt schon zu antiken Zeiten. Hier beginnt in Richtung Norden die Straße nach Damaskus und hier hat man auch einen guten Überblick über die Skyline der Jerusalemer Altstadt. Das Damaskus-Tour ist aber auch einer der berüchtigsten Orte in Jerusalem.

Hier kommt es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Erst kürzlich hat eine alte palästinensische Frau einen Soldaten mit einer Schere attackiert. Die Soldaten stehen deshalb hier einem Schutzgitter, um sich zu schützen. Als Tourist merkt man von diesen Konflikten relativ wenig. Die Gäste sind eher irritiert von der Hektik, die hier herrscht.

Eine andere Welt

Wer das Damaskus-Tor durchschreitet, findet sich fast in einer anderen Welt wieder. Man lässt Ampeln und Stadtverkehr hinter sich und ist umgeben von Händlern, Pilgern und Touristen. Massen schieben sich durch ein Labyrinth aus engen Gassen. Sprachen aus aller Welt hört man im Gewühl.

Inmitten dieses Gewühls die drei heiligsten Stätten für Christentum, Judentum und Islam: Die Grabeskirche, die Klagemauer und der Felsendom. Alle nur maximal zehn Minuten voneinander entfernt.

Drei Religionen und eine Gemeinsamkeit

Alle drei Heiligtümer haben dabei eine Sache gemeinsam, erklärt Georg Röwekamp vom Deutschen Verein vom Heiligen Lande: "Alle drei Orte sind leer. Der Tempel ist leer, der Felsendom war der Ausgangspunkt, von dem Mohammed in den Himmel gestiegen ist – und das Jesusgrab ist auch leer. Alle drei Religionen verehren etwas, das nicht hier ist. Man ist auf der Suche."

Trotzdem haben diese heiligen Orte eine Kraft und eine Ausstrahlung, die die Menschen mit nach Hause nehmen, die auch viele berührt, die gar nicht mit der Intention des Pilgerns nach Jerusalem gekommen sind. Ob man an Gott glaubt oder nicht, man kann nicht verleugnen, dass dieser Ort für Menschen auf der ganzen Welt seit Jahrtausenden eine ganz besondere Bedeutung hat.

Tourist oder Pilger?

So erreichen wir in der Grabeskirche das Ziel unserer Reise: den Felsen Golgota. Den Ort, an dem Jesus gekreuzigt worden ist. Theologen und Historiker streiten, ob dies wirklich der authentische Ort ist. Georg Röwekamp erklärt, auch wenn man es nicht beweisen kann, ist es ein Ort, der viele Indizien bietet. Nach archäologischer Lehrmeinung spricht also nichts dagegen, dass hier Jesus Christus gekreuzigt und begraben wurde.

Der Heilig-Land-Verein engagiert sich seit über 100 Jahren für Pilger und Touristen, die die Heiligen Stätten des Christentums besuchen wollen. Nebenher werden auch noch soziale Projekte unterstützt. Der Unterschied zwischen Pilgern und Touristen verschwimmt mit den Jahren immer mehr. Pilger aus Deutschland suchen heute auch touristische und politische Informationen, und manch ein Tourist soll schon durch die Begegnung mit Jerusalem zum Pilger geworden sein.


Andrang an der Klagemauer / © Renardo Schlegelmilch (DR)
Andrang an der Klagemauer / © Renardo Schlegelmilch ( DR )

Oster in der Grabeskirche / © Krogmann (KNA)
Oster in der Grabeskirche / © Krogmann ( KNA )
Quelle:
DR