Nach Schlammlawine in Mocoa übernimmt Bischof die Koordination

Kirche als Motor des Wiederaufbaus

Der Kirche in Kolumbien kommt nach der Katastrophe in Mocoa eine Schlüsselrolle beim Wiederaufbau zu. Anders als der Staat war sie auch in Konfliktregionen präsent - und genießt daher volles Vertrauen.

Autor/in:
Tobias Käufer
Rettungskräfte in Mocoa (Kolumbien) / © Ivan Valencia/AP/ (dpa)
Rettungskräfte in Mocoa (Kolumbien) / © Ivan Valencia/AP/ ( dpa )

Sie nennen ihn den Engel von Mocoa. Padre Omar Parra scheinen in diesen Tagen Tausende Hände gewachsen zu sein. Hände, mit denen der katholische Priester Hilfsgüter verteilt, Trost spendet und mit anpackt. Parra ist ein Hoffnungsträger in der von einer gewaltigen Schlammlawine zerstörten kolumbianischen Stadt.

"Es fehlt an allem. Trinkwasser, Hygienemittel, Decken", zitiert die Tageszeitung "El Tiempo" den Priester. Parra ist das Sprachrohr der Menschen vor Ort. Mocoa ist nach der schicksalhaften Nacht vom vergangenen Freitag auf Hilfe angewiesen. Denn die Stadt mit ihren 40.000 Bewohnern ist seit der durch verheerende Regenfälle ausgelösten Schlammlawine fast komplett von der Versorgung abgeschnitten.

Aufbau dauert zwei Jahre

Kein Strom, weil von einem Verteilerwerk nur noch das Gerippe steht. Kein Wasser, kein Gas. Alles hat der Schlamm mitgerissen. Zwar hat die kolumbianische Regierung einen Sonderbeauftragten für den Wiederaufbau benannt. Doch der steckte schon mal einen bedrückenden Zeitrahmen ab: Rund zwei Jahre werde es dauern, bis die Stadt wieder voll funktionstüchtig sei.

In dem Chaos ist die katholische Kirche so etwas wie der Motor des Wiederaufbaus. Keine andere Institution in Kolumbien ist auch in den vom Bürgerkrieg gezeichneten Regionen so präsent wie die Kirche. Sie ist auch dort vor Ort, wo der Staat aufgrund von Konflikten mit Guerillagruppen oder paramilitärischen Banden fernblieb.

Kirche als Ratgeber und Trostspender

Mocoa liegt in einer solch abgelegenen Region im Süden des Landes, nahe der Grenze zu Ecuador. Thomas Jung, Kolumbien-Experte des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, weiß, warum den kirchlichen Hilfswerken und der Kirche großes Vertrauen entgegengebracht wird: "Der Staat war in den vergangenen Jahrzehnten nicht präsent. Die Menschen haben unter den Kämpfen zwischen den verschiedenen Rebellengruppen, den Paramilitärs und Regierungstruppen schwer gelitten." Die Kirche als Ratgeber und Trostspender - das hat hingegen Tradition in Mocoa.

Staatspräsident Juan Manuel Santos besuchte die Stadt in den ersten Tagen nach dem Unglück. Armee, Polizei und internationale Hilfskräfte leisten seitdem fast schon Übermenschliches. Stars wie die Sängerin Shakira oder der Kapitän der kolumbianischen Fußballnationalmannschaft James Rodriguez rufen zu Hilfe auf oder beteiligen sich durch Spenden selbst. Die Guerilla-Organisation FARC sammelte nach eigenen Angaben zwei Tonnen Hilfsgüter für die Opfer.

Bischof richtet Konto ein

Kolumbien rückt in der Stunde der Katastrophe zusammen. Die Dimension des Unglücks wird aber erst nach Tagen wirklich deutlich. "In Mocoa herrscht Chaos. Die Größe der Tragödie ist unvorstellbar. Die Bilder und Berichte, die in den Medien kursieren, bilden das wahre Ausmaß nicht ab", sagte Padre Campo Elias de la Cruz unmittelbar nach seiner Rückkehr aus der Stadt dem Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat. Die bisherige Bilanz: 290 Tote, 332 Verletzte. Die Zahlen könnten noch weiter steigen: Zuletzt wurden auch an weit entlegenen Stellen noch Leichen angespült. Die eigentlichen Aufräumarbeiten haben noch gar nicht begonnen.

In der unübersichtlichen Lage kommt auf den Bischof von Mocoa-Sibundoy, Luis Albeiro Maldonado Monsalve, eine besondere Aufgabe zu. Er soll die Hilfe vor Ort koordinieren, berichten lokale Medien. Inzwischen hat der Bischof ein eigenes Konto eingerichtet.

In der Hochrisiko-Zone

Dort laufen nun auch Spenden aus Deutschland ein. Adveniat und Caritas haben bereits Geld geschickt, um den Menschen, die akut von der Katastrophe betroffen sind, schnell zu helfen. Die Hilfswerke könnten sicher sein, dass die bereitgestellten Mittel den Gemeinden zugutekämen, die es jetzt am nötigsten hätten, versichert der Bischof.

Die politische Aufarbeitung des Unglücks steht hingegen noch bevor. Örtliche Medien zitieren aus politischen Debatten, in denen vor Monaten vor genau diesem Szenario gewarnt worden sei. Mocoa liegt in einer Hochrisiko-Zone. Es steht zu befürchten, dass in den regenreichen Monaten weitere Unglücke folgen.


Quelle:
KNA