Pater Stephan Senge engagiert sich im von Hunger und Chaos geprägten Sudan

"Es ist eigentlich unbeschreiblich"

In Ostafrika herrscht die schlimmste Dürre seit fünfzig Jahren. Einer, der sich schon seit Jahren engagiert, ist Pater Stephan Senge aus der Zisterzienser Abtei Himmerod. Er ist gestern aus dem Südsudan zurückgekommen. Ein Interview.

Hungersnot im Südsudan / © Kate Holt/ Unicef Handout (dpa)
Hungersnot im Südsudan / © Kate Holt/ Unicef Handout ( dpa )

domradio.de: Es ist nicht nur die Hungerkatastrophe, die die Menschen bedroht. Der Südsudan versinkt in Krieg und Chaos. Wie haben Sie die Situation in dem Land erlebt?

Pater Stephan Senge (Zisterziensermönch in der Abtei Himmerod, Gründer der Initiative Sudan): Der Südsudan ist wirklich am Niedergehen. Es herrscht Bestechung, Gewalt, die Stammesherrschaft von einem Stamm der Dinka. Kein anderer hat da etwas zu sagen. Es ist eigentlich unbeschreiblich. Im Raum der Hauptstadt ‎Juba kann man abends kaum mehr auf die Straße gehen. Es gibt große Flüchtlingslager. Vor allem Soldaten brechen in diese Lager ein und vergewaltigen auf ganz schreckliche Weise. Es ist wirklich Chaos dort. Aber es gibt auch immer wieder Menschen, die da ganz toll arbeiten – auch im Sinne Jesu Christi.

domradio.de: Das sind unter anderem auch Menschen, die sich in Ihrer Organisation engagieren. Sie arbeiten besonders für Kinder. Was machen Sie da?

Pater Stephan: Wir versuchen für junge Sudanesen Möglichkeiten für Ausbildungen zu schaffen. Wir helfen Schulen zu unterhalten und aufzubauen, Lehrergehälter, Unterrichtsmaterialien und Stipendien zu finanzieren. Studenten, die studieren wollen und können, sollen das auch. Wir setzen nur die Bedingung, dass sie nachher in ihrem Land tätig werden.

domradio.de: Schlägt sich denn die Hungersnot in den Gebieten, in denen Sie arbeiten nieder?

Pater Stephan: Es ist ganz dramatisch. In den Gebieten herrscht Dürre. Dadurch gibt es immer wieder Stammeskämpfe der Dinka und Nuba. Mittlerweile gibt es tausende Tote. Aber auch andere Stämme bekämpfen sich. Es geht immer um Weideland und Tiere und um Brunnen und Wasser. Aber das resultiert, wenn ein paar Millionen Menschen vor der Dürre fliehen und umherziehen und die Hilfe ausbleibt.

domradio.de: Warum bleibt die Hilfe aus?

Pater Stephan: Aufgrund der hohen Visagebühren, die die NGO's bezahlen müssen. 300 bis 10 000 Dollar müssen sie für ein Arbeitsvisa bezahlen um vor Ort zu helfen. Das ist unglaublich.

domradio.de: Das ist dann Geld, das in Korruptionskanälen verschwindet?

Pater Stephan: Natürlich. Weil unter anderem viele Beamte kein richtiges Gehalt bekommen. Aber das ist nicht überall so.

domradio.de: Sie haben eine lebendige Kirche erlebt im Sudan und haben auch den katholischen Bischof dort getroffen und in den Gemeinden mit Gottesdienst gefeiert. Wie überlebt denn die katholische Kirche in einem so vorwiegend muslimisch geprägten Land?

Pater Stephan: Es ist so, im nördlichen Staat Sudan - also im islamisch Staat - da hat es die Kirche schwer sich zu entwickeln. Christen sind dort Diskriminierungen ausgesetzt. Der Südsudan ist christlich-animistisch geprägt. Dort muss die Kirche selbst sehen, wie sie da weiterkommt.

Die Schulen sind dort kirchliche Schulen. Deswegen laufen diese auch. Staatliche Schulen zum Beispiel funktionieren überhaupt nicht. Wir versuchen dort zu helfen, etwa durch Lehrergebäude, die wir erst kürzlich gebaut haben, damit wir Lehrer vor Ort haben, die dort Unterricht geben können. Schulen vor Ort und Schulen in Deutschland schreiben sich gegenseitig, halten Kontakt und informieren über die Lage vor Ort. Die deutschen Schulen veranstalten Läufe und sammeln damit Geld für ihre Freunde im Sudan. Das ist sehr schön.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Quelle:
DR