Regierungschefs beraten über Libyen

"Tiefpunkt europäischer Flüchtlingspolitik"

Die Flüchtlingskrise ist zentrales Thema der EU-Staats- und Regierungschefs beim EU-Sondergipfel in Malta. Hilfsorganisationen appellieren an die Kanzlerin, Flüchtlinge nicht in Libyen verharren zu lassen.

Merkel beim EU-Gipfel in Bratislava / © Guido Bergmann (dpa)
Merkel beim EU-Gipfel in Bratislava / © Guido Bergmann ( dpa )

Bei ihrem Sondergipfel auf Malta wollen die  Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union vor allem über die Flüchtlingskrise und den bevorstehenden Brexit sprechen. Dabei geht es am Freitag zunächst um die Frage, wie die Migration auf der zentralen Mittelmeer-Route reduziert werden kann. Entscheidend dafür ist die Zusammenarbeit mit dem Bürgerkriegsland Libyen.

Rund 180 000 Menschen erreichten im vergangenen Jahr Europa über das zentrale Mittelmeer. Die EU setzt nun unter anderem auf eine bessere Ausbildung der libyschen Küstenwache. Diese soll Schlepperboote abfangen und die Menschen zurück nach Nordafrika bringen.

Am Vorabend des Gipfels in Valletta schloss Italien mit Libyen bereits eine entsprechende Vereinbarung. Demnach sollen unter anderem die libysche Küstenwache und der Grenzschutz im Kampf gegen illegale Einwanderung unterstützt werden, sagte der italienische Ministerpräsident Paolo Gentiloni nach einem Treffen mit dem Ministerpräsidenten der libyschen Einheitsregierung, Fajis al-Sarradsch, in Rom.

Das Abkommen sieht auch vor, dass die libysche Grenze im Süden, über die viele Migranten aus Afrika auf dem Weg in Richtung Europa kommen, besser geschützt werden soll.

Hilfsorganisationen kritisieren geplante Beschlüsse

Hilfsorganisationen übten scharfe Kritik an den geplanten Beschlüssen. Eine Zusammenarbeit mit Libyen, die vor allem der Abwehr von Migranten und Flüchtlingen diene, werfe die europäischen Grundwerte über Bord, kritisierte Oxfam. Die Organisation Pro Asyl und der Paritätische Wohlfahrtsverband sprachen in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel von einem "Tiefpunkt europäischer Flüchtlingspolitik".

Auch die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung warnte davor, im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge zurück nach Libyen bringen zu lassen. Die menschenrechtliche Situation in dem Land sei "katastrophal", sagte die SPD-Politikerin Bärbel Kofler dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Deshalb "kommt eine Rückführung von Flüchtlingen nach Libyen unter diesen Umständen nicht infrage".

In dem Entwurf für die Abschlusserklärung des EU-Gipfels heißt es zu diesem Punkt, alle Maßnahmen würden gemeinsam mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) unter "voller Einhaltung der Menschenrechte und des Völkerrechts" veranlasst.


Migrant auf Malta / © Gregorio Borgia (dpa)
Migrant auf Malta / © Gregorio Borgia ( dpa )
Quelle:
epd , dpa