Archäologe sucht bei Stockholm erstes Gotteshaus Skandinaviens

Ansgars Kirche gefunden?

Die erste Kirche Skandinaviens könnte gefunden sein. Hat Bischof Ansgar von hier aus missioniert? Der Archäologe Sven Kalmring will bald mit Ausgrabungen beginnen.

Autor/in:
Frank Berno Timm
Jesus am Kreuz im Schnee / © Nicolas Armer (dpa)
Jesus am Kreuz im Schnee / © Nicolas Armer ( dpa )

Die Begeisterung ist Sven Kalmring vom Zentrum für Baltische und Skandinavische Archäologie in Schleswig deutlich anzumerken. Mit Hochspannung berichtet der Archäologe von einer untergegangenen Welt. Kalmring hat sich mit Häfen der Wikinger auseinandergesetzt. Und jetzt, bei weitergehenden Forschungen in Schweden, hat er nicht nur einen Herrschersitz der Wikinger entdeckt, sondern auch den Platz gefunden, an dem höchstwahrscheinlich die erste skandinavische Kirche von Bischof Ansgar (wahrscheinlich 801-865) gestanden hat. Ansgar gilt als "Apostel des Nordens". Er wurde wohl um 801 in Flandern geboren, wuchs bei Benediktinern auf und wurde ab seinem 21. Lebensjahr in Kloster Corvey bei Höxter auf größere Aufgaben vorbereitet. 831 kam er nach Hamburg. Die Stadt war kurz zuvor zum Erzbistum geworden. Ansgar wurde mit der Leitung beauftragt und zum Bischof geweiht. Von hier aus sollte er Skandinavien und Dänemark missionieren.

Der Archäologe Kalmring arbeitet allerdings nicht allein. Mit ihm forschen seine Kollegen Johan Runer von Stockholms "läns museum" und Andreas Viberg von der Universität Stockholm. Jetzt werden Kalmring und seine schwedischen Kollegen Forschungsgeld beantragen – für die eigentlichen Ausgrabungen sind drei Jahre angedacht. Für Kalmring sind solche Forschungen durchaus nicht abseitig. Schließlich gehe es auch um unsere eigenen Wurzeln, sagte er. Er selbst will natürlich mit ausgraben.

Wenn die Arbeiten beginnen, wird Kalmring immer wieder auf die Insel Björkö im Mälarsee reisen. Dort befindet sich nicht nur die Wikingerstadt Birka, sondern, wie Kalmring berichtet, auch Korshamn (deutsch: Kreuzhafen). "Auf einer Exkursion haben wir dort mitten in der Hafenbucht ein Hausplateau in näheren Augenschein genommen", so der Forscher. Bei genaueren Untersuchungen habe sich herausgestellt, dass es bereits vor der Wikingerzeit entstand.

Bislang nur Radaraufnahmen der ersten Kirche Skandinaviens

Bislang gibt es von dem Ort eine Autostunde westlich von Stockholm nur ein paar Boden-Radaraufnahmen. In der Nähe existiert eine Geländekante. Dabei handele es sich nicht, wie zunächst vermutet, um die alte Uferlinie. Vielmehr habe es sich bei geophysikalischen Untersuchungen erwiesen, dass hier ebenfalls Häuser einen regelrechten Hofkomplex bildeten. "Und wir haben sogar eine Wikingerhalle gefunden, die 37 Meter lang war", erzählt der Forscher.

Die Wissenschaftler vermuten, dass es sich um den Hof des königlichen Verwalters Herigar gehandelt hat, der für Zolleintreibung und Ähnliches zuständig war. Von dieser Halle, beschreibt Kalmring weiter, gehe eine Fläche im rechten Winkel ab – "wahrscheinlich ein heidnischer Kultbezirk".

Von deren Existenz auch an anderen Plätzen in Skandinavien wisse man noch nicht lange. Bekannt sei aber, dass der Hamburger und Bremer Bischof Ansgar im Jahr 830 im Auftrag von Kaiser Ludwig dem Frommen nach Schweden reiste, um herauszufinden, ob man es dort ernst meine mit der Absicht, am christlichen Glauben teilzuhaben. Kalmring sagt, der Bischof habe Herigar getroffen und von jenem nach seiner Taufe die Erlaubnis erhalten, eine Kapelle zu errichten.

"Diese Kirche muss in unmittelbarer Nähe zu suchen sein", sagt der Wissenschaftler. Es gehe um Kernfragen der Forschung: den Übergang von der Merowinger- zur Wikingerzeit und um das erste Zusammentreffen von Heiden und Christen im heutigen Schweden. Kalmring wird nach der "ersten Kirche im gesamten Skandinavien" suchen.

Vieles von dem, was der Archäologe berichtet, sei immer schon diskutiert worden. Nun gebe es konkrete Aussichten, wirkliche Belege zu finden, betont der Wissenschaftler. Seine Begeisterung für eine Zeit, die fast 1.200 Jahre zurückliegt, könnte man fast ansteckend nennen.


Quelle:
KNA