US-Regierung stoppt Pipeline-Bau durch heiliges Indianerland

"Gott hat unsere Gebete erhört"

Die Sioux von "Standing Rock" glauben, ihre Gebete seien erhört worden. In einer überraschenden Kehrtwende hat die US-Regierung den Verlauf einer Öl-Pipeline durch heiliges Indianerland in North Dakota gestoppt.

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Von Bernd Tenhage
Protest gegen die Dakota Access-Pipeline / © Paul Buck (dpa)
Protest gegen die Dakota Access-Pipeline / © Paul Buck ( dpa )

Die Entscheidung des "Army Corps of Engineers" klang wie ein Wunder. "Es gehört eine Menge Mut dazu, ... den historischen Lauf von Dingen zu korrigieren und das Richtige zu tun", lobt Sioux-Häuptling Dave Archambault II. die Regierung von US-Präsident Barack Obama. Sie hat der Forderung von fast 8.000 Indianern und Unterstützern nachgegeben, die seit Frühjahr Widerstand gegen das 3,7 Milliarden Dollar teure Pipeline-Projekt leisten.

Die "Dakota Access"-Leitung soll das Fracking-Öl aus den entlegenen Dakotas schneller an die Umschlagplätze bringen. Der Bauherr "Energy Transfer Partners" (ETP) wollte die Pipeline dafür direkt am Reservat der "Standing Rock Sioux" vorbeiführen und dann den Missouri unterqueren. Bei den Ureinwohnern heißt der Fluss "Inyan Wakangapi Wakpa" und liefert seit Gedenken das Wasser für Viehzucht und Ackerbau. Ein Ölleck könnte den Indianern die Lebensgrundlage entziehen.

Ein heiliger Ort

Vor allem aber, so die Sioux-Aktivistin "Brave Bull" Allard, "ist dieser Ort heilig". Das liegt auch an den 26 archäologisch bedeutsamen Grabstätten und Handelsplätzen rund um die Mündung des Cannonball River in den Missouri. Nicht nur für die Sioux, auch für die Arikara-, Mandan- und Cheyenne-Indianer sind dies spirituell bedeutsame Plätze.

Hier entstanden im Frühjahr nach einer 50 Kilometer langen Prozession zu Pferde, die von der Grabstelle des legendären Häuptlings "Sitting Bull" nach Fort Yates führte, die ersten Protestlager. Erstmals seit der Schlacht am Little Bighorn gegen die Truppen von Oberstleutnant George Custer vor 140 Jahren kamen dafür alle sieben Stämme der Sioux zusammen.

Lager mit vielen Protestlern

Über die Monate wuchs das "Oceti Sakowin"-Lager auf mehrere tausend Menschen an, die morgens, abends und zu den Mahlzeiten traditionelle indianische Gebete verrichteten. Dazu gehört auch das Darbringen von Brandopfern mit Salbei, Tabak und Zedernholz.

Anfang November ging die Polizei von North Dakota mit Tränengas, Gummigeschossen und Wasserkanonen gegen ein paar hundert Sioux und ihre Unterstützer vor, als diese versuchten, zwei ausgebrannte LKW von einer Brücke zu räumen. Sie sind Teil einer Polizeibarrikade, die seit Wochen die Hauptverbindungsstraße zwischen dem Reservat und Bismarck, der Hauptstadt North Dakotas, blockiert.

Festnahmen? Angemessen.

Der Sheriff von Morton County rechtfertigte die Festnahme von 167 Personen als "angemessene Reaktion" auf "sehr aggressive" Krawallmacher, die "andauernd für Aufruhr" sorgten. Vor einer Woche dann ordnete der republikanische Gouverneur Jack Dalrymple die Räumung des Lagers an.

Parallel dazu verklagte der Pipeline-Betreiber ETP die US-Regierung auf Freigabe der Baugenehmigung für den letzten Abschnitt der knapp 1.900 Kilometer langen Ölleitung. "Wir werden die Pipeline auf jeden Fall bauen", fügte Sprecherin Kelcy Warren hinzu. Da mit Donald Trump sehr bald ein Mitinvestor im Weißen Haus sitzen wird, schien ihre Zuversicht nicht unbegründet.

Erhörte Gebete

All das erklärt, warum die Ureinwohner nach der überraschenden Kehrtwende am Wochenende überzeugt sind, dass Gott ihre Gebete erhört hat. Statt die Pipeline durch die letzten Ruhestätten der Sioux-Vorfahren zu leiten und die Trinkwasserreservoirs der Indianer zu gefährden, prüft das für die Genehmigungen zuständige "Army Corps of Engineers" nun Alternativen. "Der beste Weg, die Arbeiten verantwortlich und zügig abzuschließen", so Ministerialdirektorin Jo-Ellen Darcy, sei, "andere Routen für die Unterquerung des Flusses zu prüfen".

"Diese Entscheidung erlaubt uns, nach Hause zu gehen und den Winter mit unseren Familien und Angehörigen zu verbringen", zeigt sich Häuptling Dave Archambault II. optimistisch. "Ich habe die ganze Zeit über betont, wie wichtig es ist, friedlich und aus dem Gebet heraus zu handeln. Genauso werden wir nun auch auf die Entscheidung reagieren."


Quelle:
KNA