Das kommunistische Regime erhöht seinen Druck auf Gläubige

Chinas Christen unter verschärfter Kontrolle

Christen in China haben es schwer: Mit immer neuen Regelungen und Gängeleien versucht die chinesische Regierung, die Religionsgruppen im Land unter Kontrolle zu halten.

Autor/in:
Stefanie Ball
Kruzifix in katholischer Kirche in China / © Katharina Ebel (KNA)
Kruzifix in katholischer Kirche in China / © Katharina Ebel ( KNA )

Als Anfang September der Bischof von Wenzhou, Vincent Zhu Weifang, starb, war eigentlich klar, wer sein Nachfolger werden würde: Shao Zhumin, bis dahin Koadjutor der Diözese - also ein Bischof, der das Recht auf Nachfolge hat, wenn der Vorgänger stirbt oder in den Ruhestand geht. Doch dann wurde Shao - noch vor Zhus Tod - von den chinesischen Behörden kaltgestellt. Es heißt, er sei nach Xining in den Nordwesten des Landes gebracht worden, um dort "Ferien" zu machen. Die offiziell atheistische Kommunistische Partei erlaubt Religion nur in engen und vom Staat kontrollierten Grenzen. Den Vatikan lehnt sie als Autorität ab; stattdessen erteilt sie selbst die Anweisungen.

Dafür schuf sie vor rund 60 Jahren eigens eine Institution, die sogenannte Patriotische Katholische Vereinigung. Neben dieser chinesischen Staatskirche existieren die romtreuen Untergrundgemeinden. Von den geschätzten 10 bis 13 Millionen Katholiken betet mutmaßlich rund die Hälfte in diesen Hauskirchen. Auch bei den Protestanten gibt es eine Staatskirche und Untergrundgemeinden, in denen sich zwei Drittel der geschätzt 60 Millionen Protestanten versammeln.

Arbeitslager und Gefängnis für den Bischof

Der verstorbene Bischof Zhu war sowohl vom Vatikan als auch von der chinesischen Regierung anerkannt. Nachdem er lange im Untergrund gearbeitet, 16 Jahre im Arbeitslager und mehrere Jahre im Gefängnis verbracht hatte, berief ihn die Staatskirche 2010 offiziell zum Bischof von Wenzhou. Shao übernahm indes die Rolle des Untergrundbischofs - vom Vatikan bestätigt, von Peking abgelehnt. Nun leitet ein einfacher Pfarrer die Diözese; Shao bleibt verschwunden.

Der Vorfall zeigt erneut, wie eng die Spielräume für Religionsgruppen in China sind. In den vergangenen zwei Jahren wurden in Wenzhou, aber auch in den anderen Städten der südöstlichen Provinz Zhejiang, wo Katholiken und Protestanten durchaus präsent sind, bis zu 1.800 Kreuze von Häuser- und Kirchendächern gerissen und zerstört. Das Symbol des christlichen Glaubens soll aus dem öffentlichen Blickfeld verschwinden. Immer wieder kam es dabei zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Gläubigen und Behörden. Im Februar wurden ein evangelischer Pfarrer und dessen Frau zu langjährigen Haftstrafen verurteilt, weil sie sich der Abnahme eines Kreuzes widersetzten.

Katholische Priester müssen sich registrieren lassen

Der Druck auf Chinas Gläubige dürfte sich weiter verschärfen. So müssen sich demnächst alle Priester, welcher Glaubensrichtung auch immer, bei Chinas Staatskirche registrieren lassen, um ein Zertifikat zu erhalten. Wer keines hat, darf keine priesterliche Tätigkeit ausüben - ein Dilemma für die bislang wenigstens leidlich tolerierten Untergrundpfarrer.

Für große Skepsis sorgen auch die Richtlinien für religiöse Angelegenheiten, die regelmäßig überarbeitet werden. Die neueste Version tritt am 7. Oktober in Kraft. Sie ist ein weiterer Schritt in Richtung einer totalen Überwachung. So sind "religiöse Aktivitäten an nicht genehmigten Standorten" verboten - ein schwerer Schlag gegen die halblegalen Untergrundkirchen. Zudem sollen Geldflüsse aus dem In- und Ausland systematisch überprüft und ihre Genehmigung erschwert werden. Erstmals rücken auch kirchliche Wohltätigkeitsorganisationen in den Fokus, die verschärft kontrolliert werden sollen.

Peking und China müssen sich annähern

Viele fragen sich, wie in diesem Umfeld eine Annäherung zwischen Peking und dem Vatikan funktionieren soll. Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hatte Ende August erklärt, der Heilige Stuhl strebe "neue und gute Beziehungen zu China" an - und zwar zum Wohl der katholischen Gläubigen. "Ich wüsste nicht, warum ich optimistisch sein sollte", sagt hingegen Kardinal Joseph Zen, ehemaliger Bischof von Hongkong; "die chinesische Regierung hat nicht die Absicht, uns irgendetwas zu schenken." Und die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen warnt: "Die vom Vatikan angestrebte Annäherung an die chinesische Regierung bekommt einen immer höheren Preis."

 

Quelle:
KNA