Frauenrechtlerin besorgt über Flüchtlingsmädchen in Frühehen

"Ehe erst ab 18"

Viele minderjährige Asylsuchende sind schon verheiratet. Vor allem Frauenrechtlerinnen machen sich Sorgen um die Situation der Mädchen, die oft zur Ehe gezwungen wurden. Sie fordern eine Gesetzesänderung. 

Autor/in:
Philipp Saul
Hochzeit (dpa)
Hochzeit / ( dpa )

Frauenrechtlerinnen sorgen sich um minderjährig verheiratete Mädchen unter den Flüchtlingen, die nach Deutschland kommen. Bis Ende April hätten die Behörden allein in Bayern 550 verheiratete Asylsuchende unter 18 Jahren registriert, sagte Myria Böhmecke von der Organisation "Terre des Femmes" in Berlin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Nach Angaben des bayerischen Sozialministeriums waren 161 Eheleute sogar unter 16 Jahre alt.

Minderjährige Mädchen in Frühehen müssten in einem geschützten Raum beraten werden und "einen Vormund zur Seite gestellt bekommen, der sich für ihre Rechte starkmacht", sagte Böhmecke. Der Vormund dürfe auf keinen Fall der Ehemann sein, sondern sollte vom Jugendamt gestellt werden, damit die Mädchen nicht vom Ehepartner unterdrückt würden. Zum Umgang mit Mädchen in Frühehen forderte die Expertin eine bessere Schulung der deutschen Behörden. Es gebe leider keine einheitliche Vorgehensweise.

Mindestalter soll erhöht werden

Die Frauenrechtlerin plädiert für ein Mindestheiratsalter von 18 Jahren ohne Ausnahme. Sie verlangt, dass "Ehen von Minderjährigen, die im Ausland geschlossen wurden, nicht mehr anerkannt werden".

Bisher sei das laut Gesetz nur bei Ehen mit Kindern, die unter 14 Jahre alt sind, der Fall. Bei Ehen, die "mit 14-jährigen oder älteren Minderjährigen geschlossen worden sind, ist es eine Einzelfallentscheidung", erläuterte Böhmecke. Es werde den Familiengerichten überlassen, ob sie die Ehe anerkennen oder nicht.

Ausnahmen bestätigen die Regel

Auch die Frauenrechtlerin findet es in Ausnahmefällen zulässig, wenn beispielsweise eine sehr selbstbewusste 17-Jährige mit einem Mann zusammenbleiben wolle. "Trotzdem darf die Ehe dann nicht anerkannt werden, sondern muss standesamtlich nachgeholt werden, wenn das Mädchen volljährig ist", sagte Böhmecke. Bis dahin dürfe die Jugendliche weiter mit dem Mann zusammenleben. Der Vormund vom Jugendamt müsse aber regelmäßig nach dem Mädchen sehen.

Böhmecke äußerte sich empört über ein Urteil des Oberlandesgerichtes Bamberg vom Mai, das dem Jugendamt die Entscheidungsbefugnis für ein inzwischen 15 Jahre altes syrisches Mädchen verweigert hatte, weil es mit einem 21-jährigen Landsmann verheiratet ist. Damit wurde die im Ausland geschlossene Ehe faktisch legitimiert. "Ich bin entsetzt über das Urteil und hoffe, dass es in der nächsten Instanz revidiert wird", sagte Böhmecke.


Quelle:
epd