Trauerfeier für ermordeten Priester im französischen Rouen

"Bestürzt, aber nicht zerstört"

Die Betroffenheit ist in Frankreich auch eine Woche nach der Tat groß. Rund 2.000 Menschen nahmen am Dienstag in Rouen Abschied von dem ermordeten Priester Jacques Hamel. Vielen gilt der 85-Jährige schon jetzt als Märtyrer und Heiliger.

Autor/in:
Inga Kilian
Der Sarg des Priesters Jacques Hamel / © Christophe Petit Tesson (dpa)
Der Sarg des Priesters Jacques Hamel / © Christophe Petit Tesson ( dpa )

Bescheiden, gutherzig und immer einsatzbereit für seine Gläubigen - das Bild, das Wegbegleiter von Jacques Hamel zeichnen, ist durch und durch positiv. Seine brutale Ermordung am Dienstag vergangener Woche sorgte weltweit für Fassungslosigkeit. Der Mord an einem einfachen Priester während einer Messfeier in einer Kirche sei grauenhaft und gegen jede Gerechtigkeit, bringt der Erzbischof von Rouen, Dominique Lebrun, auf den Punkt, was viele empfinden.

Eine Woche nach der Tat, am Tag der Trauerfeier, ist die Betroffenheit in Frankreich immer noch mit Händen zu greifen. Rund 2.000 Menschen nehmen in Rouen Abschied. Neben den Trauergästen in der vollbesetzten Kathedrale verfolgen zahlreiche weitere den Gottesdienst auf einer Großleinwand auf dem Vorplatz.

Einfacher Soldat im Algerienkrieg

An der öffentlichen Trauerfeier nahmen auch Politiker teil. Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve, der Präsident des Verfassungsgerichts Laurent Fabius, Vertreter anderer Religionsgemeinschaften, zahlreiche Geistliche sowie Angehörige des Ermordeten waren bei dem Gottesdienst dabei.

In bewegenden Ansprachen wenden sich die Schwester und eine Nichte Hamels an die Trauergemeinde. Sie erinnere sich, dass ihr Bruder sich während des Algerienkriegs entschieden habe, als einfacher Soldat zu dienen, obwohl ihm der Offiziersgrad angeboten worden sei, so die Schwester Roselyne Hamel. Diesen habe er abgelehnt, da er keine Anweisung zum Töten habe geben wollen. "Er war mein Bruder. Er war unser aller Bruder."

Erzbischof: Zu viele gewaltsame Tode

Die Nichte Hamels, Jessica Delporte, blickt zurück auf den Anschlag auf die Redaktion des Satiremagazins "Charlie Hebdo". Damals habe sie Gott um Toleranz und Einsicht gebeten. Beides wolle sie sich auch nun bewahren. "Wie du wähle ich den Respekt. Wie du wähle ich die Liebe», betont sie an ihren Onkel gewandt: "Ich liebe dich, wir werden dich vermissen."

Erzbischof Lebrun verurteilt jegliche Gewalt. Es dürfe niemals Morde geben, um einander zu Gerechtigkeit und Liebe zu bekehren. Überall auf der Welt gebe es zu viele gewaltsame Tode - im Nahen Osten, in Afrika, in Amerika. "Das ist genug", so Lebrun. An die Katholiken in Frankreich gewandt betont er: "Wir sind verletzt, bestürzt, aber nicht zerstört."

Sarg mit einem Priestergewand bedeckt

In die Trauer um Hamel scheint sich unterdessen ein weiteres Element zu mischen - eine Verehrung, die schon jetzt der eines Heiligen gleicht. Während der Trauerzeremonie in Rouen werden Kerzen rund um den schlichten Holzsarg entzündet. Anschließend wird dieser mit einem weißen Priestergewand und einer roten Stola bedeckt. Ein Holzkreuz hinter dem Sarg wird ebenfalls mit einer Stola geschmückt. Dies soll daran erinnern, dass der Tod Hamels dem Tod Jesu ähnlich sei, der zu Unrecht verurteilt und getötet wurde, heißt es.

Ein Vergleich, der sich offenbar vielen Menschen aufdrängt. In Hamel, der laut seinen Weggefährten einfach und bescheiden lebte, scheinen viele Gläubige jemanden zu sehen, zu dem sie aufblicken können. Der Platz vor der Kirche in Saint-Etienne-du-Rouvray gleicht seit der Tat einem Wallfahrtsort: ein Meer aus Blumen, Beileidsbekundungen, Kerzen, der Asphalt von einer Wachsschicht bedeckt. Bilder zeigen Hamel mit Heiligenschein.

"Priester bis zum letzten Atemzug"

"!Martyrdom is not a thing of the past. Thomas Becket and Oscar Romero died at the altar. So did Fr Jacques Hamel", schreibt ein Nutzer auf Twitter. "Pray for this holy priest!", heißt es, und: "See you in paradise, holy man of god." Auch deutsche Medien kommentieren ähnlich. "Ein Priester bis zum letzten Atemzug" heißt es da, von Martyrium ist die Rede oder vom Tod am Altar als "Krönung" eines Priesterlebens.

Obwohl Hamel seit zehn Jahren hätte Rentner sein können, feierte er regelmäßig Messen, taufte Kinder, traute Verliebte. Geboren im November 1930 in einem Vorort von Rouen gehörte er zu jenen Männern, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg entschieden, ins Priesterseminar zu gehen. 1958 wurde er geweiht. 2008 feierte er sein goldenes Priesterjubiläum. Ans Aufhören dachte er nicht.

Trotz seines Alters sehr aktiv

Der Priester einer Nachbargemeinde, Pierre Belhache, beschreibt Hamel als einen trotz seines Alters aktiven Menschen. "Er war jemand, der immer etwas zu tun hatte, immer bereit, eine Aktion zu starten." Hamel habe über ein besonderes Charisma verfügt, zitiert die Zeitung "Le Figaro" auch den Präsidenten der Muslime der Normandie, Mohammed Karabila. Er habe für "seine Ideen und seine Religion" gelebt. Dass er schließlich bei der Ausübung seines Amtes getötet wurde, erscheint zumindest in der Netzgemeinde vielen nahezu gottgegeben.


Quelle:
KNA