Abt der Jerusalemer Dormitio-Abtei tritt zurück

"Eine Stadt, die täglich küsst und beißt"

Der Abt der deutschen Dormitio-Abtei in Jerusalem, Gregory Collins, ist zurückgetreten. Benediktinerpater Nikodemus Schnabel spricht im domradio.de-Interview von großem Respekt und Dankbarkeit. Die Abtei müsse jetzt als große Familie zusammenstehen.

Abt Gregory Collins (KNA)
Abt Gregory Collins / ( KNA )

domradio.de: Abt Gregory hatte ja schon im November vergangenen Jahres um eine Auszeit gebeten und sich vorübergehend in sein irisches Heimatkloster zurückgezogen. Als Hintergrund hatte die Abtei auf die vielen Anschläge auf die Gemeinschaft und ihre Einrichtungen verwiesen. Kam der Rücktritt Ihres Abtes jetzt für Sie überraschend?

Pater Nikodemus Schnabel (Dormitio-Abtei in Jerusalem): Das ist eine schwierige Frage. Wir sind ein großer Konvent und ich glaube, verschiedene Mitbrüder waren jetzt überrascht, aber manche nicht. Unser Abt hatte - wie Sie sagen - ein Sabbatical genommen wegen dem Brandanschlag auf unser Kloster in Tabgha vor einem Jahr und wegen der Gewalttaten auf unsere Einrichtungen. Es gab eben eine ganze Serie von antichristlichen Gewalttaten auf unsere Einrichtungen. Deshalb hatte er um eine Auszeit gebeten, war in seinem Mutterkloster. Jetzt war er wieder eine Zeit mit uns zusammen. Wir haben erstmal großen Respekt vor der Entscheidung, müssen die natürlich auch akzeptieren als Gemeinschaft. Jetzt steht erstmal eine Phase der Dankbarkeit an. Es waren fünf wirklich schwierige Jahre, in denen er uns als Abt geführt hat - durch dick und dünn. In der jetzigen Phase müssen wir erstmal als Gemeinschaft intern darüber sprechen, damit wir quasi als Familie erstmal damit klarkommen. Da bitte ich um Respekt!

domradio.de: Der Abt hat seinen Rücktritt nicht begründet, aber vermutlich liegt es an den Anfeindungen und Angriffen auf Ihr Kloster, oder?

Peter Nikodemus: Er hat es tatsächlich nicht begründet - auch nicht uns gegenüber. Er hat die Erklärung abgegeben, dass er sich nach Gebet, Überlegungen und Beratungen zu diesem Schritt entschlossen hat. Jetzt wollen wir als Klosterfamilie zusammenrücken und ihn im Gebet begleiten. Und ich bitte auch, dass jeder uns als Gemeinschaft in den nächsten Wochen im Gebet begleitet.

domradio.de: Wie ist das jetzt für Sie, Pater Nikodemus. Sie haben von den Spuck-Attacken erzählt, Sie leben und arbeiten in Jerusalem. Wie empfinden Sie diese Bedrohung dort?

Pater Nikodemus: Das ist immer eine sehr, sehr schwierige Frage. Jeder Mensch reagiert auf so etwas verschieden. Ich lebe sehr gerne in Jerusalem. Jerusalem ist einfach eine sehr intensive Stadt, die einen täglich küsst und beißt - dazu gehören die Angriffe, dazu gehören aber auch sehr viele schöne Erfahrungen.

domradio.de: Wie geht es jetzt weiter oder anders gefragt: Wer wird neuer Abt?

Pater Nikodemus: Das ist klar geregelt. Nach Nummer 33 unserer Konstitution ist mit dem Rücktritt, der am 29. Juni wirksam wird, unser Klaustral-Prior der Obere. Das ist Pater Ralf Greis. Er hat dann alle Rechte. Wir haben in dieser Zeit aber keine Möglichkeiten, irgendetwas zu verändern. Das heißt, es werden auch keine Kapitelssitzungen, keine Gemeinschaftssitzungen stattfinden. Wir sind jetzt in einem Wartemodus auf die Woche vom 22. bis 29. August. In dieser Woche wird es eine außerordentliche Visitation durch Abtpräses Ansgar Schmidt geben. Er ist der Obere unserer Kongregation. Mit ihm gemeinsam schauen wir dann auf die Zukunft.

Das Interview führte Tobias Fricke.  


Die Dormitio-Abtei auf dem Jerusalemer Zionsberg / © Debbie Hill (epd)
Die Dormitio-Abtei auf dem Jerusalemer Zionsberg / © Debbie Hill ( epd )
Quelle:
DR