Father Daniel J. Berrigan im Alter von 94 Jahren gestorben

Jesuit, Rebell, Friedensaktivist

Daniel J. Berrigan verbrachte mehr Zeit im Gefängnis, als in manchen Positionen an theologischen Fakultäten. Bis zu seinem Tod verstand es der Jesuit und Friedensaktivist, zu provozieren.

Autor/in:
Thomas Spang
Father Berrigan bei einer Demonstration gegen den Vietnam-Krieg (KNA)
Father Berrigan bei einer Demonstration gegen den Vietnam-Krieg / ( KNA )

Die Sachbearbeiter staunten, als die Priester-Brüder Daniel und Philip Berrigan mit sieben Begleitern in die Büroräume des Wehrdienst-Erfassungsamtes von Catonsville im US-Bundesstaats Maryland kamen. Ohne viele Umstände gingen die neun Anti- Vietnamkriegs-Aktivisten an die Aktenschränke und holten Hunderte Einberufungsbescheide heraus. Sie brachten die Dokumente auf einen Parkplatz - und zündeten sie an. Am vergangenen Samstag starb Daniel Berrigan im Alter von 94 Jahren.

"Wir zerstören diese Einberufungsbescheide nicht nur, weil sie unsere jungen Männer ausnutzen", verkündeten die Geistlichen seinerzeit. "Wir konfrontieren die katholische Kirche, andere christliche Körperschaften und die Synagogen in Amerika mit ihrem Schweigen und ihrer Feigheit im Angesicht der Verbrechen unseres Landes." Bei den nicht minder rebellischen Studenten der Anti-Vietnam-Bewegung kam das gut an. Nicht so bei der Wehrbehörde, die die Polizei rief. Daniel und Philip beteten mit ihren Mitstreitern, als die Beamten kamen, den Protest auflösten und die "Catonsville Nine" festnahmen.

Friedensaktivist und Dichter

Den Prozess nutzten die Priester, um ihre Anti-Vietnam-Botschaft zu verbreiten. Der Richter verurteilte sie zu jeweils drei Jahren Haft. Angesichts seiner angeschlagenen Gesundheit gelang es den Jesuiten, Father Berrigan vorzeigt frei zu bekommen. Der am 9. Mai 1921 in Virginia als vierter von sechs Söhnen eines Eisenbahn-Ingenieurs und einer Hausfrau zur Welt gekommene Daniel litt seit seiner Geburt an einer angeborenen Gehschwäche.

Früh reifte in ihm der Wunsch für das Priesteramt. 1946 machte er im jesuitischen Sankt Andrew-on-Hudson-Seminar von Hyde Park im US-Bundesstaat New York seinen Bachelor-Abschluss, seinen Master dann am Woodstock College in Baltimore. Danach war er in Frankreich, wo ihn die Arbeiter-Priester-Bewegung beeinflusste.

Neben der Theologie faszinierte Berrigan die Poesie, mit der er sich neben seiner Arbeit als Lehrer an der Brooklyn Preparatory School beschäftigte. Er hinterlässt eine Fülle an literarischen Werken und Gedichten, von denen die "Prison Poems" (Gefängnis-Gedichte) vielleicht die berühmtesten sind. 

Musikalisches Denkmal von Paul Simon

Berrigan freundete sich mit der katholischen Sozialaktivistin Dorothy Day und dem Trappisten Thomas Merton an. Einen Gegenspieler fand Berrigan im New Yorker Kardinal Francis Spellman, der ihn zu einer Recherchenreise nach Südamerika schickte. Nach Protesten der damals einflussreichen Links-Katholiken in den USA durfte der Aktivist zurückkommen - er zeigte sich entschlossener denn je. 

Sein Friedensaktivismus brachte ihm Bewunderung bei der amerikanischen Linken ein. Paul Simon setzte ihm mit dem Song "Me and Julio Down by the Schoolyard" ein Denkmal. Er diente Colum McCann als Inspiration für den fiktiven Father Corrigan in dessen Bestseller "Let the Great World Spin".

Einsatz für Aids-Kranke

Bevor er seinen Platz an der katholischen Fordham University in der Bronx von New York fand, lehrte Berrigan unter anderen an der Columbia University, in Cornell und Yale. In den vergangenen Jahren setzte sich der Jesuit für Aids-Kranke ein. Bis ins hohe Alter behielt er seine Streitbarkeit bei. So tauchte er 2012 in Manhattan auf, um sich mit den «Occupy Wall Street»-Demonstranten zu solidarisieren.  

Einmal danach gefragt, wann er zur Ruhe komme, sagte Berrigan an seinem 80. Geburtstag: "An dem Tag, nachdem ich einbalsamiert wurde. Dann gebe ich auf."

 


Quelle:
KNA