"Christliche Initiative Romero" freut sich auf Seligsprechung

"Romero war und ist ein Vorbild"

Am Wochenende wird Erzbischof Oscar Romero in El Salvador seliggesprochen. Die Vorsitzende der "Christlichen Initiative Romero", Andrea Nibbenhagen, äußerte gegenüber domradio.de ihre Freude vor der bevorstehenden Seligsprechung.

Oscar Romero (KNA)
Oscar Romero / ( KNA )

domradio.de: 1980, vor 35 Jahren wurde Oscar Romero ermordet, warum wird er erst jetzt selig gesprochen?

Andrea Nibbenhagen: Das hat mit der gesellschaftlichen und politischen Situation zu tun, in der Romero ermordet wurde. Damals gab es ganz scharfe Polarisierungen zwischen der Regierung, dem Militär und den ökonomisch Mächtigen auf der einen Seite und der einfachen Bevölkerung, hinter die sich Romero gestellt hat, auf der anderen Seite. Die Bevölkerung hat stark unter Repressionen gelitten und Romero hat sich - nicht aus politischen Gründen - hinter die Opfer, die Leidenden gestellt. Er wurde ermordet, weil er die Angreifer konfrontiert hat. Und dann gab es noch viele falsche Darstellungen, interessensbedingte Beschuldigungen und unbegründete Ängste, die dazu geführt haben, dass der Vatikan und Kirchenkreise mit der Seligsprechung so zögerlich umgegangen sind. 

domradio.de: In seinem Heimatland wird er längst wie ein Heiliger verehrt. Inwiefern gehen seine Taten wirklich in Richtung Heiligkeit?

Andrea Nibbenhagen: Für mich hat die Tatsache, dass die Kirche jemanden heilig nennt oder selig spricht, viel mit Erinnerungsarbeit zu tun und gar nicht so sehr mit der Frömmigkeit dieser Person. Es geht darum, Christen zu ermutigen, dem Seligen oder Heiligen nachzufolgen und diesen als christliches Vorbild darzustellen. Das war Romero schon zu Lebzeiten und erst recht nach seiner Ermordung in El Salvador. Die Menschen haben gemerkt, dass dort jemand ist, der mit ihnen gelitten hat. Er stand hinter der Bevölkerung, wenn Menschen umgebracht wurden, hat getröstet, wenn Leute entlassen wurden oder von ihren Feldern vertrieben wurden. Sie haben in ihm einen großen Fürsprecher gesehen und ihn dafür anerkannt, dass er ihr Leiden gesehen hat. Andererseits haben sie sich aber auch ein Stück weit schuldig gefühlt, weil sie gemerkt haben, dass Romero ermordet wurde und musste sterben, weil er sich für die Bevölkerung einsetzte. Ich war im Februar dieses Jahres - als die Seligsprechung verkündet wurde - gerade in El Salvador und habe erlebt, wie sich die Menschen gefreut haben. Viele haben geweint und gesagt, endlich würde anerkannt, wie wunderbar seine Unterstützung war.

domradio.de: Was hat denn Papst Franziskus zu der Seligsprechung veranlasst? Seine Vorgänger waren diesbezüglich ja zurückhaltender.

Andrea Nibbenhagen: Ich glaube, dass Franziskus mit der Seligsprechung Romeros den Raum dafür geöffnet hat, dass christlicher Glaube die Gesellschaft auch verändern kann. Franziskus war in Lampedusa und bezieht immer wieder auch zu Themen rund um Schwache oder Flüchtlinge Stellung. Mit Romero stellt er nun eine Figur in den kirchlichen Raum, um dieser Überzeugung Ausdruck zu verleihen.

domradio.de: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Dr. Christian Schlegel


Quelle:
DR