Seligsprechung von Erzbischof Romero noch 2015

"Ein Hoffnungszeichen, das die Menschen beseelt"

Der ermordete Erzbischof Oscar Romero soll noch in diesem Jahr in San Salvador seliggesprochen werden. Was das für die Menschen in El Salvador bedeutet, weiß Prälat Bernd Klaschka von Adveniat, der Romero persönlich kannte.

 (DR)

domradio.de: Was bedeutet die Anerkennung Romeros als Märtyrer für die Menschen vor Ort?

Prälat Klaschka: Das sind sehr gute Nachrichten für die Menschen in El Salvador! Romero ist nun als Zeuge für den Glauben anerkannt worden. Sein Leben insbesondere als Erzbischof von San Salvador war ein Leben an der Seite der Armen und für die Armen. Seine Mörder werden nun als Verfolger des Glaubens gebrandmarkt. Die Kirche als Option für die Armen wird durch diesen Schritt neu belebt. Romero war und ist für die Menschen schon längst ein Heiliger. Dieser Schritt ist auch eine Anerkennung ihres gewaltlosen Kampfes für ein menschenwürdiges Leben. Sie bekommen eine Hoffnung, die so leicht nicht auszulöschen sein wird. In dem Land gibt es auch heute noch Spaltungen. Das ist ein Hoffnungszeichen, das diese Menschen beseelt.

domradio.de: Wie haben Sie Romero erlebt?

Prälat Klaschka: Ich habe Bischof Romero 1979 kennenlernen können und habe ihn als einen fähigen Menschen erlebt, der zuhört, der Situationen aufgreifen kann und sich auf die Menschen einlässt. Er war ein Mensch, der sich gesorgt hat gerade um die Flüchtlinge. Romero hatte uns eingeladen, mit ihm gemeinsam nach Hilfen zu suchen.

domradio.de: Ein Jahr später wurde er ermordet. Der Mord ist bis heute nicht aufgeklärt.

Prälat Klaschka: Ich bin überzeugt davon, dass es politische Motive waren, die Mörder von Romero nicht sofort zur Rechenschaft zu ziehen. Es ging um politische und wirtschaftliche Interessen. Es ging um die Vorherrschaft bestimmter Familien in El Salvador, die Erzbischof Romero am Anfang seines erzbischöflichen Wirkens in San Salvador unterstützt hatten. Als er sich dann ganz stark den Armen zuwandte, haben sie von ihm Abstand genommen und als Feind betrachtet. Man befürchtete, wenn die Kirche an der Seite der Armen steht, könne die Kirche den Machteinfluss von einigen Familien brechen. Und dagegen wollte man sich wehren.

domradio.de: Warum hat es solange gedauert, bis Romero als Märtyrer anerkannt wurde?

Prälat Klaschka: Es gab unterschiedliche Meinungen über das Wirken und über die Person von Romero. Auch in der Kirche haben ihn einige in die Nähe des Kommunismus gerückt und damit als jemanden betrachtet, der nicht auf dem Boden des Glaubens steht. Andere haben ihn immer als jemanden gesehen, der sich aufgrund des Evangeliums für die Benachteiligten unserer Gesellschaft einsetzte und dafür mit dem eigenen Leben Zeugnis gab. Die Seligsprechung von Romero zeigt jetzt, dass die Kirche in diesem Punkt zueinander gefunden hat. Man kann sagen, wir haben einen neuen Seligen, der wirklich in den Herzen der Menschen in Lateinamerika einen großen Platz hat, und sie ermutigt, weiter aus dem Glauben heraus zu leben.

domradio.de: Ist das eine kleine Revolution im Vatikan?

Prälat Klaschka: Eine Revolution ist ja oft etwas Plötzliches. Ich glaube, es war eher ein Prozess der Umkehr und Neuorientierung. Es gibt eine neue Sicht auf viele pastorale Initiativen der 80er und 90er Jahre in Lateinamerika.

domradio.de: Welche Rolle hat dabei Papst Franziskus gespielt?

Prälat Klaschka: Er spielte eine Schlüsselrolle. Er kannte Romero persönlich, dessen persönliche Lebensweise, sein Zeugnis, dass es ihm nicht um politische Ambitionen sondern um das Evangelium ging. Diese Überzeugung hat sich dann auch im Vatikan durchgesetzt, so dass Franziskus auch andere davon überzeugen konnte, dass Romero wirklich ein Märtyrer ist.


Quelle:
DR