Menschenrechtler fordern mehr Schutz für Christen in Libyen

Gezielte Jagd auf Kopten

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) fordert einen besseren Schutz von christlichen Kopten in Libyen. GfbV-Referent Ulrich Delius spricht im domradio.de-Interview von islamistischen Extremisten, die gezielt Jagd auf Angehörige der christlichen Minderheit machen.

Koptenprotest gegen Verfolgung (KNA)
Koptenprotest gegen Verfolgung / ( KNA )

domradio.de: Warum müssen Kopten in Libyen um ihr Leben fürchten?

Delius: Es sind hauptsächlich Vergeltungsangriffe, die Islamisten gegen Kopten durchführen. Diese Kopten sind ägyptische Staatsbürger, sie wollen Ägypten ins Mark treffen, weil Ägypten den Islamisten in Libyen quasi den Krieg erklärt hat. Ägypten ist engagiert im Bürgerkrieg in Libyen, hat dort sogar mit Jagdflugzeugen islamistische Stellungen angegriffen. Seit dem Jahreswechsel sind mindestens 21 Kopten von islamistischen Gruppen entführt worden. Bereits kurz vor Weihnachten gab es einen Übergriff auf koptische Christen in der Stadt Sirte. Da sind ein koptischer Arzt und seine Ehefrau ermordet worden. Viele Kopten haben aus Angst um ihr Leben bereits das Land verlassen.

domradio.de: Weiß man schon irgendetwas von den entführten Kopten?

Delius: Man weiß nur, dass sie in den Händen von Islamisten sind, und man kennt die Identität der meisten Entführten. Mehr nicht.

Entführungen sind in Libyen sehr verbreitet, aus politischen aber auch kriminellen Gründen. Die Kopten sind sicherlich eine der gefährdetsten Gruppen in Libyen, weil sie durch ihren Glauben hervorstechen und weil die Entführer sich der Aufmerksamkeit sicher sein können. Auch Lösegeldforderungen sind bei Kopten erfolgsversprechend. Vor dem Sturz des Regimes von Muammar al-Gaddafi lebten rund 1,5 Millionen ägyptische Migranten in Libyen, darunter tausende Kopten. Heute lebten nur noch rund 40.000 Ägypter in Libyen.

domradio.de: Was kann denn getan werden, um den Kopten zu helfen?

Delius: Wir haben Beobachter vor Ort. Wir können uns einsetzen, dass Straftaten an Kopten an die Öffentlichkeit kommen und auch strafverfolgt werden, nicht ignoriert werden. Ausländische Proteste schaffen Aufmerksamkeit und können etwas bewirken. Kopten brauchen einen besseren Schutz, die Siedlungsgebiete müssen besser von lokaler Polizei geschützt werden. Leider hat der allgemeine Staatsverfall im Land zur Folge, dass Themen wie die Koptenverfolgung im Land kaum für Aufmerksamkeit sorgen.

Das Interview führte Verena Tröster.