Kirche in Not zum neuen iranischen Präsidenten

Nach außen isoliert, nach innen ein Polizeistaat

Es ist ein Hoffnungsschimmer. Der einzig gemäßigte Kandidat bei den Wahlen im Iran ist zum neuen Präsidenten gewählt worden: Hassan Rouhani. Ein Interview mit André Stiefenhofer vom katholischen Hilfswerk "Kirche in Not" zur Lage im Iran.

Hassan Rouhani ist neuer Präsident im Iran (dpa)
Hassan Rouhani ist neuer Präsident im Iran / ( dpa )

domradio.de: Wofür steht Hassan Rouhani genau?

Stiefenhofer: Nun da muss man erst genau schauen, was er bisher gesagt hat. Es ist immer ein Unterschied was für Worte jemand benutzt und was für Taten dann folgen. Momentan müssen wir uns noch auf die Worte verlassen. Während des Wahlkampfs hat er oft betont, dass er diese achtjährige dunkle Ära seines Amtsvorgängers beenden möchte, und dass die vergessen werden soll. Er hat auch nicht ausgeschlossen, dass er Zugeständnisse gegenüber dem Westen machen möchte. Außerdem hat er angekündigt die Medien in gewisser Weise von ihren Fesseln zu befreien. Er möchte die Stellung der Frauen verbessern und eine Charta der Bürgerrechte einführen. Also das klingt schon mal ganz hoffnungsvoll. Inwieweit er das Ganze dann auch umsetzen kann, ist wieder die Frage, denn er ist nicht allmächtig.

domradio.de: Woran wird das denn hängen, ob er das umsetzen kann oder nicht?

Stiefenhofer: Das liegt vor allem am obersten Rechtsgelehrten Ajatollah Chamenei, der trifft die grundsätzlichen Entscheidungen - vor allem in der Außenpolitik - und besetzt auch maßgeblich die verschiedenen Räte, die den politischen Prozess steuern. Das heißt mit dem muss er sich durchaus weiterhin auch gutstellen. Aber wenn er sich nicht mit ihm gutgestellt hätte, dann wäre er überhaupt nicht zur Wahl zugelassen worden. Also insofern kann man schon davon ausgehen, dass das ein genereller Politikwechsel sein könnte. Vor allem auch im Hinblick darauf, dass dieser Reformkandidat ja auch der Kandidat der Reformbewegung war, die vor vier Jahren erbitterten Widerstand gegen die umstrittenen Wiederwahl von Ahmadinedschad geleistet hatte.

domradio.de: Ist die Wahl von Rouhani ein Zeichen für die Stimmung im Volk?

Stiefenhofer: Das auf jeden Fall. Zumindest des Volkes in den Großstädten, der gebildeten jungen Iraner. Die haben diese abgeschottete Lage ihres Landes satt. Der Iran ist ja nach außen völlig isoliert und nach innen immer noch ein Polizeistaat mit einer lächerlichen Kleinkariertheit. Es gibt kaum persönliche Freiheit abseits des islamischen Mainstreams, was vor allem auch die Christen im Iran bemerken. Das ist gerade auch für junge Akademiker natürlich ein Dorn im Auge, die sagen 'Wir sind eine uralte Kulturnation. Wir haben ein reiches Erbe und wir haben es satt, dass wir einfach nur als Schurkenstaat gesehen werden‘. Es gibt da schon ein neues iranisches Selbstbewusstsein, das sich  positiv in die Weltgemeinschaft einbringen möchte und ich denke dafür ist er durchaus ein Zeichen, wenn man auch abwarten muss inwieweit er das umsetzen kann.

domradio.de: Glauben Sie, dass die Wahl auch für die Christen im Land speziell etwas ändern wird?

Stiefenhofer: So schnell sicher nicht. Für die Christen ist es so, dass sie doch relativ ghettoisiert sind – wie man so sagt. Es gibt zwar gerade für die Ostkirchen - also die Armenier und die Chaldäer, die alten orientalischen Kirchen – ein gewisses Maß an Religionsfreiheit in Sachen Religionsausübung. Sie haben Kirchenräume und so weiter. Aber in der Öffentlichkeit ist es nicht weit her damit, dass sie ihren Glauben ausdrücken können geschweige denn ein Kreuz tragen. Wenn man dann in die protestantischen Gemeinschaften hineinschaut, dann wird das noch viel krasser. Also die können sich teilweise nur in Privaträumen versammeln und auch das manchmal nur unter Lebensgefahr, weil eben der Staat seine sehr restriktive Ordnung immer noch durchdrückt. In diesem Bereich brauchen wir uns keine Illusion machen. Wenn wir hier von Hoffnung reden im Iran, dann reden wir wirklich von ganz zarten Pflänzchen, von kleinsten Schritten in einem Unterdrückungsstaat, der sich vielleicht langsam öffnet. Ich denke bis das bei den Minderheiten ankommt, das kann noch viele Jahre dauern.

domradio.de: Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Hassan Rouhani (dpa)
Hassan Rouhani / ( dpa )
Quelle:
DR