Erzbischof Schick zeigt Lage der Christen im Nahen Osten auf

"Gefährlich für die ganze Region"

Der Syrien-Krieg hat inzwischen die Golan-Höhen nahe der israelischen Grenze erreicht. Als "besorgniserregend und gefährlich für die ganze Region", bewertet im domradio.de-Interview der Bamberger Erzbischof Ludwig diese Entwicklung. 

Das syrische Gebiet in den Golan-Höhen (dpa)
Das syrische Gebiet in den Golan-Höhen / ( dpa )

DOMRADIO.DE: Der Bürgerkrieg aus Syrien breitet sich Richtung Israel aus. Das ist nur ein weiteres Indiz dafür, dass der Konflikt zunehmend außer Kontrolle gerät. Wie bewerten Sie die aktuelle Lage im Grenzgebiet Syrien und Israel?

Ludwig Schick (Erzbischof von Bamberg): Das ist sehr besorgniserregend und gefährlich für die ganze Region dort. Der Libanon ist bereits einbezogen, jetzt dehnt es sich weiter nach Israel aus. Und man kann nur hoffen, dass sehr bald in Syrien eine Lösung gefunden wird. Denn das alleine kann die Situation in dieser Region stabilisieren.

Erzbischof Ludwig Schick

Erzbischof Dr. Ludwig Schick wurde 1949 in Marburg geboren. 1998 erfolgte die Ernennung zum Weihbischof in Fulda, bereits vier Jahre später ernannte Papst Johannes Paul II. Ludwig Schick zum Erzbischof von Bamberg.

Von 2006 bis 2021 war Erzbischof Schick Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz. Er war außerdem Mitglied der Pastoralkommission und Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für Männerseelsorge.

Am 1.11.2022 hat Papst Franziskus das Rücktrittsgesuch des Bamberger Erzbischofs angenommen. (KNA)

Erzbischof em. Ludwig Schick (Erzbistum Bamberg)

DOMRADIO.DE: In Syrien leiden die Christen unter dem wachsenden islamistischen Fundamentalismus, sagte jetzt ein Ordensmann. Die christlichen Dörfer seien durch Straßensperren vom Rest des Landes abgeschnitten und stünden unter ständigem Beschuss der syrischen Armee. Diese vermute bewaffnete Rebellen in den Dörfern. Christen werden nach Aussage des Ordensmannes vermehrt Opfer von Entführungen. Was geht ihnen durch den Kopf, wenn sie das hören?

Schick: Das betrübt und muss uns Christen alle interessieren. Und wir müssen durch Interesse, Hilfsmaßnahmen und Gebet alles tun, dass es den Christen dort wieder besser geht. Es ist so, dass es in der ganzen Region - dazu gehören ja auch Ägypten und Tunesien - einen islamistischen Druck gibt, der die Christen aus den Ländern vertreiben will. Das ist sehr tragisch. Natürlich müssen wir auch immer hinzufügen: Wir dürfen nicht Islam und Islamisten einfach gleichsetzen. Da gibt es Unterschiede! Es gibt gute Beziehungen zwischen Christen und Muslimen in Ländern der Region. Aber der Druck durch die Radikalen nimmt zu. Und da muss sagen, das kann die Existenz der Christen in diesen Ländern so bedrohen, dass irgendwann keine Christen mehr dort sein werden.

DOMRADIO.DE: Vor Wochen wurden zwei Bischöfe in Syrien entführt. Was weiß man über ihren Verbleib?

Schick: Man weiß nichts, und das ist das Schlimme an der Situation. Wir appellieren immer wieder an die Entführer. Leider Gottes ist dieses Verbrechen nur die Spitze des Eisberges: Es macht deutlich, dass es Kräfte gibt, die die Kirche dort verdrängen wollen. Aber auch die normalen Christen werden mit allen Möglichkeiten bedrängt. Wir können nur hoffen und beten, dass sich die Situation bald bessert.

DOMRADIO.DE: Was kann die Weltkirche tun?

Schick: Wir dürfen auf die Macht des Gebetes vertrauen. Außerdem können wir immer wieder an alle Beteiligten appellieren, in Syrien Frieden zu schaffen. Und wir können den vertriebenen Christen helfen, indem wir sie hier in Deutschland aufnehmen oder in den Lagern an den Grenzen zu Syrien unterstützen. Beides so, dass sie auch wieder zurückkommen.

DOMRADIO.DE: Was erhoffen sie sich von der internationalen Syrien-Konferenz im Juni? Wie muss für Sie eine Lösung des Konfliktes aussehen?

Schick: Trotz aller Anzeichen auf ein Scheitern habe ich immer noch Hoffnung. Die Parteien, die dort zusammenkommen, sind sehr zerstritten. Auch die syrische Opposition kämpft untereinander. Das sind keine guten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Konferenz. Ich hoffe, dass die internationale Gemeinschaft dennoch - die USA und die EU voran - etwas bewirken kann, damit die Parteien zusammenkommen und sich auf einen Friedensvertrag einigen.

Das Gespräch führte Monika Weiß.

Quelle:
DR