missio-Präsident über Missionsarbeit heute

"Werden eine Kirche des Südens"

Vier Tage lang haben in Rom die Nationaldirektoren der Päpstlichen Missionswerke weltweit über die Zukunft ihrer Arbeit beraten. Von deutscher Seite dabei: missio-Präsident Klaus Krämer.

Klaus Krämer: missio-Präsident in Aachen (missio)
Klaus Krämer: missio-Präsident in Aachen / ( missio )

KNA: Herr Prälat Krämer, wie war die Audienz bei Papst Franziskus?
Krämer: Sehr persönlich. Er hat jedem der anwesenden Nationaldirektoren die Hand geschüttelt und ein paar Worte mit uns gewechselt. Und das waren immerhin rund 120 Teilnehmer.

KNA: Was hat er Ihnen gesagt?
Krämer: Einen Dank an das Kindermissionswerk, für die Arbeit in seiner früheren Diözese Buenos Aires. Dort war er sehr aktiv und hat mit uns rund 40 Projekte umgesetzt, die er zum Teil selbst vorgeschlagen hat. Er hat sich sehr um die Brennpunkte in der Stadt gekümmert.

KNA: Die Sympathie für ihn ist weltweit groß. Wird Franziskus ein "Missions-Papst"?
Krämer: Die Mission, die Verbreitung des Glaubens, ist ein Herzensanliegen von ihm. Auch Benedikt XVI. rief dazu auf, sich nicht hinter Kirchenmauern zu verstecken, sondern rauszugehen an die «Peripherie». Franziskus betont das noch stärker. Sicher auch, weil er Lateinamerikaner ist und das Armutsproblem aus eigener Anschauung kennt. Darin liegt ein wichtiger Perspektivwechsel.

KNA: Der Begriff Mission ist für einige negativ besetzt. Mancher denkt dabei an ein Überbleibsel des Kolonialismus und die Verdrängung indigener Kulturen.
Krämer: Das sind Zerrbilder, die mit heutiger Missionsarbeit nichts zu tun haben. Unsere wichtigste Aufgabe ist es, die bestehenden Ortskirchen zu unterstützen und die praktischen Grundlagen dafür zu schaffen, dass Christen in Missionsgebieten ihren Glauben leben können; vor allem durch Hilfen für die Ausbildung von Priestern, Ordensleuten und engagierten Laien. Die katholische Kirche hat viel Erfahrung im sensiblen Umgang mit nichtchristlichen Kulturen. Das Werben für den Glauben muss die Freiheit des individuellen Menschen immer voll und ganz respektieren. Das hat das Zweite Vatikanische Konzil klar herausgestellt. Im Übrigen richten sich die sozialpastoralen Projekte der Ortskirchen fast immer an alle Menschen eines Lebensraums, ohne nach deren Religionszugehörigkeit zu fragen.

KNA: Nach jüngsten Statistiken wächst die Zahl der Katholiken in Afrika und Teilen Asiens weiter. In Europa nimmt sie dagegen ab. Erleben wir gerade das Phänomen, dass der Norden mit oft leeren Kirchen, aber noch vollen Kassen einen Süden mit vollen Kirchen, aber leeren Kassen aufbaut?
Krämer: So kann man es sagen. Der Schwerpunkt des Katholizismus verschiebt sich seit Jahrzehnten hin zu einer «Kirche des Südens»; das hat ja auch die letzte Papstwahl gezeigt. Die Kirche wird sich dadurch verändern, weil die Wachstumsgebiete natürlich ihre Mentalitäten mit einbringen. Sie wird in Zukunft lebendiger, charismatischer. Womöglich werden auch andere Auffassungen von Kirchendisziplin mal eine Rolle spielen. Aber deshalb darf man Europa nicht aufgeben. Es wäre sehr schlecht für die Kirche, wenn sie hier immer mehr geschwächt wird. Denken Sie nur an die wissenschaftliche Theologie, die ihre wichtigsten Lehrstätten immer noch im Norden hat.
Übrigens ist auch die katholische Kirche im Süden nicht gegen Mitgliederverluste gefeit. Der Vormarsch der Evangelikalen und Pfingstkirchen muss uns hier sehr zu denken geben.

KNA: Wie fiel die Bilanz der Missions-Konferenz in Rom aus?
Krämer: Es wurde sehr deutlich, dass die katholische Missionsarbeit wirklich eine weltumspannende Kraft ist, die viel bewirken kann.Unser globaler Fonds, in den jedes nationale Missionswerk je nach seinen Möglichkeiten einzahlt, verfügt derzeit immerhin über 130 Millionen Euro. Aber es zeigt sich auch, dass die Mittel knapper werden, weil in den Ländern der großen Zahler wie Deutschland die Einnahmen durch sinkende Mitgliederzahlen zurückgehen, etwa bei der Kollekte am Weltmissionssonntag. Wir werden uns im Kreis der Nationaldirektoren künftig noch mehr Gedanken über Fundraising machen müssen.

Das Interview führte Christoph Schmidt.