Unter der Krise in Mali leiden auch muslimische Institutionen

Radikale Namensvetter

Ansar Dine heißt jene Islamisten-Gruppe, die den Norden Malis terrorisiert. Aber Ansar Dine heißt auch eine Organisation, die Schulen betreibt und sich bewusst von ihren Namensvettern abgrenzt.

Autor/in:
Katrin Gänsler
Ansar Dine - Der Schulname weckt Ängste (KNA)
Ansar Dine - Der Schulname weckt Ängste / ( KNA )

Innerhalb eines Jahres hat sich die radikal-islamistische Gruppierung Ansar Dine (Verfechter des Glaubens) in Mali einen ungeahnten Bekanntheitsgrad erarbeitet. Mit besonders drastischen Mitteln versuchte sie, den Norden Malis unter ihre Kontrolle zu bringen. Darunter gelitten hat nicht nur die Bevölkerung, sondern auch die "Ansar Dine" Nummer zwei - im Nachbarland Burkina Faso.

Es ist Samstag, kurz vor Mittag. Zum letzten Mal in dieser Woche läutet die Schulglocke der privaten Grundschule von Ansar Dine. Es sind ein paar schlichte Gebäude. Die Fenster sind geöffnet, damit zumindest ein kleiner Wind weht. Tagsüber steigen die Temperaturen auf über 40 Grad. In der Mitte der Gebäude liegt ein sandiger Schulhof. Die Mädchen und Jungen machen sich auf den Weg nach Hause. Direktor Daouda Traore, der bis zu seiner Pensionierung an einer staatlichen Schule tätig war, schaut ihnen nach.

Der Name weckt Ängste

Seit einiger Zeit verläuft der Schulbetrieb wieder in geregelten Bahnen, zum Glück, wie der Leiter erleichtert sagt. Traore öffnet die Tür zu seinem Büro. In der Ecke hinter seinem Schreibtisch steht der Stein des Anstoßes: ein großes Schild, auf dem in Grün und Rot der Name „Ansar Dine“ geschrieben steht. Nun ist es in das Zimmer des Direktors verbannt - aus Sicherheitsgründen. Denn von Bobo-Dioulasso aus ist es nicht weit ins Nachbarland Mali, und der Name Ansar Dine weckt in der ganzen Region Ängste.

Ansar Dine - so heißt auch jene Islamisten-Gruppe, die den Norden Malis nach dem Putsch vor einem Jahr nach und nach eroberte und in der ganzen Region die Scharia mit besonders strenger Auslegung einführen wollte. Teilweise ist ihr das bis zum Beginn der französischen Intervention gelungen. Augenzeugen berichteten von abgehackten Händen. Frauen mussten sich verschleiern. Partys, Alkohol und Zigaretten waren streng verboten. Wo sich die Anhänger der Gruppe im Moment aufhalten, ist unklar. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass zumindest ein Teil nach Burkina Faso gegangen ist.

„Wir zwingen niemanden, zum Islam überzutreten“

Doch schon vorher brodelte vor allem in Mali die Gerüchteküche, dass Ansar Dine nun offenbar gerade in Bobo-Dioulasso nach Anhängern suche; vor allem nach Jungen aus armen Familien, die mit ein wenig Geld, Essen und Kleidung rekrutiert werden könnten. Daouda Traore schüttelt den Kopf. „Aber wir sind das doch nicht! Mit der anderen Ansar Dine im Norden Malis haben wir nichts zu tun.“ Die Schule arbeite nach staatlichem Lehrplan und sei nicht einmal eine Koranschule. „Wir haben auch Christen unter den Schülern, und wir zwingen niemanden, zum Islam überzutreten.“

Dass der burkinische Staat und die Einwohner von Bobo-Dioulasso den Schulbetreibern wieder vertrauen, habe viel Überzeugungsarbeit gekostet, sagt Salakata Salamatao, Präsident von Ansar Dine in Burkina Faso. „Das Misstrauen war groß“, erklärt der Mann, der im Hauptberuf mit Baumwolle handelt. Unter anderem sei „seine“ Ansar Dine vom burkinischen Staat beobachtet worden. Immer wieder kam es zu Anfeindungen. Um dem entgegenzuwirken, habe man Radiosendungen gestaltet und die Schule für Außenstehende geöffnet.

Morddrohungen von der radikalen Ansar Dine

Ähnlich gehandelt hat auch Cherif Ousmane Madani Haidara, spiritueller Führer derselben Ansar Dine in der malischen Hauptstadt Bamako. Laut malischen Medienberichten hat er häufig betont, der Prophet Mohammed sei niemals gegen Andersgläubige in den Krieg gezogen. Dafür soll er immer wieder Morddrohungen erhalten haben - möglicherweise von der „anderen“, der radikalen Ansar Dine.

Und all das nur wegen einer Namensgleichheit. „So heißen wir jedoch schon seit den 90er Jahren und sind unter diesem in 25 Ländern aktiv“, sagt Salamatao. Neben Schulen betreibe die Organisation unter anderem Krankenstationen und kleine Apotheken. Der Ansar-Dine-Präsident wirkt fast ein bisschen hilflos mit seinen Erklärungen. Wohl auch deshalb hat er von Anfang an die französische Militärintervention begrüßt: „Es ist wichtig, etwas gegen Terroristen zu unternehmen.“