ANC-Parteitag in Südafrika

Konkurrenz für Jacob Zuma

Vizepräsident Kgalema Motlanthe wird bei der Wahl zum Chef der Regierungspartei ANC gegen den bisherigen Präsidenten antreten. Egal wer das Rennen macht – die Kirche ist unzufrieden mit der politischen Klasse ihres Landes.

Autor/in:
Jörg Poppendieck
 (DR)

Der Parteitag von Afrikas ältester Befreiungsbewegung beginnt am Sonntag in Bloemfontein und dauert bis zum 20. Dezember. Der dort gewählte Parteichef wird automatisch Präsidentschaftskandidat für die Wahlen im Jahr 2014. Jacob Zuma gilt als Favorit im Rennen um den Parteivorsitz. Er konnte sich im Nominierungsprozess in den Provinzen die Mehrheit der 4.500 Delegiertenstimmen sichern. Sollten alle Parteimitglieder in Bloemfontein genauso wählen, stünde einer zweiten Amtszeit als Präsident des ANC nichts mehr im Wege. Allerdings ist die Wahl geheim, und aufgrund der Kandidatur Motlanthes wird es zu heftigen Diskussion über den Regierungsstil von Präsident Zuma kommen. "Es geht Motlanthe nicht um Sieg oder Niederlage, es geht ihm ums Prinzip", wird ein enger Vertrauter des Vizepräsidenten in der Zeitung "Mail&Guardian" zitiert. "Er will damit zeigen, dass er wütend ist über die derzeitige Verfassung des Landes."

Der ehemalige Gewerkschaftsführer Motlanthe wurde von den drei Provinzen Gauteng, Limpopo und Western Cape für das Amt des Präsidenten nominiert. Er kommt damit auf etwas mehr als 25 Prozent der Delegiertenstimmen. Für den 63-Jährigen macht sich auch die einflussreiche Jugendliga des ANC stark. Die verfolgt in erster Linie ein Ziel: Die Abwahl von Präsident Zuma. Ronald Lamola, Präsident der Jugendliga, wirft Zuma vor, anders als seine Vorgänger im Amt nicht der Nation, sondern allein seinem "geografischen Stamm" zu dienen. Die Jugendliga hofft, auf den letzten Metern noch möglichst viele ANC-Delegierte umstimmen zu können. "Für Zuma zu stimmen wäre so, als ob wir sagen würden, dass unter ihm alles bestens gelaufen ist."

Das Land kommt nicht auf die Beine

Der regierende ANC sorgt seit Monaten vor allem für Negativschlagzeilen. Eine Serie von Korruptionsskandalen beschäftigt das Land. Ein besonderer Aufreger ist die Residenz, die Zuma in den vergangenen Monaten für sich und seine Frauen hat bauen lassen. In Nkandla, dem Heimatdorf des Präsidenten in der Provinz KwaZulu-Natal, stehe jetzt ein "Palast", finanziert durch Steuergelder, so Lindiwe Mazibuko, Oppositionsführerin der Partei Demokratische Allianz. Mehr als 20 Millionen Euro gab das Ministerium für öffentliche Arbeiten angeblich dafür aus.

Das Land hingegen kommt nicht auf die Beine. Die Wirtschaft schwächelt, die Arbeitslosigkeit ist weiterhin hoch, das Bildungssystem in Teilen ein Totalausfall. Dazu die fast täglichen Proteste der Bevölkerung: Es sind die Menschen in den Townships, die auf die Straße gehen, weil sie 18 Jahre nach dem Ende der Apartheid noch immer in Hütten aus Blech und Holz und ohne Zugang zu Strom und Wasser leben müssen. Auch wenn Zuma aller Voraussicht nach das Rennen in Bloemfontein gewinnen wird, die Unzufriedenheit ist groß - in allen Bevölkerungsschichten. Vertreter der Wirtschaft und der Kirchen haben in zwei Offenen Briefen ihrem Unmut Luft gemacht. So fordern die Wirtschaftsbosse von mehr als 30 namhaften Unternehmen die Regierung auf, mit der Wirtschaft zusammenzuarbeiten und die Nation wieder auf den richtigen Pfad zu bringen.

Die Kirchenvertreter, unter ihnen der Südafrikanische Kirchenrat, werden noch deutlicher. In ihrem Brief sprechen die Bischöfe von einem sich abzeichnendem moralischen Verfall und einer tiefen Krise, in der sich das Land befinde. "Zu viele politische Führer sind egoistisch und arrogant. Sie verstehen nicht, dass sie mit ihren Worten und Taten den Menschen im Land die Hoffnung nehmen, sie zynisch werden lassen", heißt es. Der ANC reagierte äußerst empfindlich auf das zehnseitige Schreiben des Kirchenrats. Generalsekretär Gwede Mantashe empfahl den Kirchenvertretern zu beten, statt zu versuchen, den Ausgang des ANC-Parteitages zu beeinflussen.


Quelle:
KNA