Hamburgs Erzbischof Heße auf dem Weltjugendtag

Gebete nicht "verzwecken"

Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße will die Jugend mehr in die Gottesdienstgestaltung einbinden. Im Interview auf dem Weltjugendtag spricht er über die Jugendlichen und den Papst in Krakau und über die Flüchtlingspolitik in Zeiten des Terrors.

Katechese mit Erzbischof Heße (DR)
Katechese mit Erzbischof Heße / ( DR )

domradio.de: Wie erleben Sie bislang diesen Weltjugendtag?

Erzbischof Stefan Heße (Erzbistum Hamburg): Ich erlebe hier sehr engagierte junge Leute, die sehr aufnahmebereit sind, die nicht nur Halligalli machen wollen. Gute Stimmung herrscht hier natürlich auch, aber das Wichtigste scheint mir zu sein, dass die jungen Menschen aufgeschlossen und offen sind für die Botschaft des Glaubens.

domradio.de: Franziskus hat schon klare Worte gefunden, als er die polnische Flüchtlingspolitik ansprach. Sie waren unlängst im Libanon, Sie sind der deutsche Flüchtlingsbischof. Begrüßen sie diese ermahnenden Worte?

Heße: Das ist ja die Konsequenz aus dem Glauben. Glaube ist Herz und Vernunft, aber eben auch Tat. Deswegen führt der Glaube immer in das Tun hinein. Momentan ist die Flüchtlingsfrage die größte Herausforderung für Europa und die Welt. Daher kann man sich diesem Thema verschließen. Die Frage  ist, wie wir dieses Problem angehen. Das mag in Polen anders sein als im Libanon oder in Deutschland. Wichtig ist mir in der jetzigen Situation, dass wir uns nicht zumauern und allzu große Ängste haben. Wir müssen mit unserer Gastfreundschaft weitermachen und die Menschen ermuntern, in aller Tiefe zueinander zu finden.

domradio.de: Viele Menschen haben nach den Terroranschlägen ihre Haltung gegenüber den Flüchtlingen geändert. Was sagen Sie den Leuten, die Angst haben?

Heße: Wir leben in einer globalen Welt. Das Rezept, die Mauern zu erhöhen und sich abzuschotten, kann nicht der Weg sein, nicht die Lösung sein. Wir müssen den Dialog verstärken und alles dafür tun, damit Menschen zueinander finden. Wir müssen uns um die Menschen kümmern, die unter den Herausforderungen besonders leiden. Flüchtlinge sind ja oft traumatisiert und psychisch sehr belastet. Die müssen wir besonders unterstützen und beraten. Da passiert noch nicht genug in Sachen psychologischer Betreuung. Integration ist nicht nur eine quantitative, sondern auch ein qualitative Herausforderung. Das dauert lange, kostet viel Geld und Mühe. Aber ich kann mir keinen anderen Weg vorstellen.

domradio.de: Glauben Sie, die Papstworte können etwas bewegen?

Heße: Der Papst hat eine klare Sprache und mobilisiert durch seine Zeichen viele Menschen. Von daher glaube ich schon, dass die Worte in die Tiefe gehen. Was die Politik hier in Polen daraus macht, wir man sehen.

domradio.de: In vielen Ländern gibt es einen Trend zum Nationalismus. Hier feiert die Jugend der Welt gemeinsam ihren Glauben. Das ist auch ein starkes Zeichen, oder?

Heße: Es ist wirklich ein Friedensfest, auf dem die Jugend der Welt unbeschwert ihren Glauben feiert. Über alle Sprachgrenzen hinweg versteht man sich hier, das ist für mich nur zu erklären durch die gemeinsame Mitte, die alle miteinander teilen und die zu dieser Verbundenheit führt.

Heße: Und für die Diaspora-Kirche in Hamburg ist dieser Weltjugendtag Gold wert. Wir haben oft kleine Gemeinden, und da ist es wichtig, dass die Jugendlichen erleben, da sind noch viele andere junge Gläubige.

domradio.de: Sie haben in Ihrer Katechese die Jugendlichen ermuntert, in ihren Gemeinden Kontakt aufzunehmen zu ihrem Pfarrer.

Heße: Ich träume davon, dass in jeder Gemeinde in meinem Erzbistum täglich ein Gottesdienst stattfindet. Das kann manchmal eine Heilige Messe sein, aber es kann auch andere Formen geben, bei denen sich Menschen zum Gebet versammeln. Und die Jugendlichen sollen mit ihrem Pfarrer darüber sprechen, welche Formen sie selbst gestalten könnten. Das Leben in einer Gemeinde darf nicht allein vom Priester abhängen.

domradio.de: Was haben Sie den Jugendlichen noch konkret mit auf den Weg gegeben?

Heße: Ich habe ihnen den Tipp gegeben, ihren Tag im Gebet zu beginnen, die Gebete aber nicht zu verzwecken.

Das Interview führte Johannes Schröer.


Quelle:
DR