Weltjugendtag beginnt mit Appellen gegen Terror

Singen, tanzen, beten

Der Friedensgruß in der Eröffnungsmesse ist mehr als eine Geste - wildfremde Menschen verharren in Umarmungen. Der Weltjugendtag in Krakau hat mit einem Aufruf für eine weltweite Zivilisation der Liebe und der Versöhnung begonnen.

Autor/in:
Gregor Krumpholz und Leticia Witte
Sechs Tage beten und feiern! / © Marcin Obara (dpa)
Sechs Tage beten und feiern! / © Marcin Obara ( dpa )

Singen, beten, tanzen: Es ist Weltjugendtag in Krakau. Hunderttausende ziehen mit Fahnen und in Sprechchören durch die südpolnische Metropole Krakau, in der am Dienstag der 31. katholische Weltjugendtag (WJT) eröffnet wurde. Doch die jüngsten Terrorattacken werfen in diesem Jahr auch einen Schatten auf das Glaubensfest.

Rasend schnell macht am Dienstagmorgen die Nachricht vom Angriff auf eine Kirche in Frankreich die Runde, bei der die Geiselnehmer einen 84 Jahre alten Priester brutal ermordet haben. Vor allem unter Teilnehmern aus Frankreich ist die Trauer groß, wie Mayeul und Delphine erzählen. Das Opfer sei ein bekannter Geistlicher gewesen und der Weltjugendtag der richtige Ort, für ihn zu beten, meinen die beiden 20-Jährigen.

Sonderprogramm: Gebet für Frankreich

Das Programm wird ihrem Wunsch Rechnung tragen und um einen Punkt erweitert: So sind vor allem die rund 35.000 französischen Teilnehmer eingeladen, in einem Krakauer Fußballstadion für die Sicherheit in ihrem Heimatland zu beten. Miriam (23) und Antonia (15) aus Schwabmünchen und Kloster Lechfeld in Bayern sind dafür, auch die Täter ins Gebet einzuschließen - und für deren Umdenken zu bitten.

Auch der stimmungsvolle WJT-Auftaktgottesdienst am Abend steht unter dem Eindruck der jüngsten Anschläge. Polizisten sind auf den Blonia-Wiesen, dem Schauplatz der Messe, präsent. Sicherheitskräfte patroullieren in der Umgebung, ein Hubschrauber kreist über der Menge.

"Den heutigen Herausforderungen die Stirn bieten"

In seiner Predigt verurteilt der Krakauer Erzbischof, Kardinal Stanislaw Dziwisz, "blinden Terrorismus". Er ruft die Jugendlichen auf, weltweit eine "Zivilisation der Güte, der Versöhnung, der Liebe und des Friedens" zu stärken und appelliert an seine Zuhörer, "den heutigen Herausforderungen die Stirn zu bieten".

Dabei könne "die Erfahrung der allgemeinen Kirche ein wunderbares Weltjugendtagserlebnis" sein. Die Teilnehmer brächten den Reichtum ihrer Kulturen, Traditionen und Sprachen mit. Die Kirche bilde eine große Gemeinschaft, "die Grenzen überwindet".

Gänsehaut-Feeling auf den Blonia-Wiesen

Zehntausende Gläubige waren gekommen, um gemeinsam mit dem Krakauer Kardinal und ehemaligen Privatsekretär von Papst Johannes Paul II, Stanislaw Dziwisz, den Eröffnungsgottesdienst zu feiern. In bunten Regencapes und wehenden Fahnen aus aller Welt feierten die Pilger die Eröffnung. "Ich fand besonders den Chor und das große Orchester toll. Als alle gemeinsam zu Beginn das Weltjugendtagslied gesunden haben, hatte ich eine richtige Gänsehaut", sagt Pilgerin Viktoria aus Köln. Ihr Freundin Simone ergänzt: "Es ist einfach toll, wie hier alle gemeinsam beten und singen. Ohne jegliche Berühungsängste."

Angst vor Terroranschlägen hatten beide nicht. Der große Platz am Rande der Stadt war durch Polizei und Militär sehr gut gesichert. "Das gibt mir ein sicheres Gefühl", sagt Simone. Ihr ist es wichtig, sich von der Angst nicht einnehmen zu lassen und ihre Glauben feiern zu können.

Junge Leute als Hoffnungsträger

Das deckt sich auch mit der Meinung des Jugendbischofs Karl-Heinz Wiesemann. Zuvor hatte er junge Leute als "Hoffnung in einer von Terror gequälten Welt" bezeichnet. In Krakau seien sie "in Frieden und Einheit" versammelt, sagte Wiesemann vor Journalisten. "Ich wünsche mir, dass wir das starke Signal der Barmherzigkeit, der Einheit in der Vielfalt und des Friedens ausgehend von diesem Weltjugendtag in alle Länder tragen." Mit Blick auf die jüngsten Attacken und Anschläge sagte der Bischof, der mit deutschen Teilnehmern nach Krakau gereist ist, es sei wichtig, "nicht nur eine Gemeinschaft des Entsetzens, sondern auch eine Gemeinschaft der Hoffnung" zu haben.

Worte wie diese finden offene Ohren. Der Weltjugendtag ist auch eine große Fete - nicht zuletzt auch in der Zeit vor der Eröffnungsmesse.

Bunte Regencapes bevölkern Krakau

Mit Flaggen und bunten Regencapes gehen die jungen Leute zu ihren Plätzen. Andernorts ziehen die Teilnehmer gruppenweise durch die Straßen und Gassen der denkmalgeschützten Altstadt, die zum Weltkulturerbe gehört. Auf einem Platz tanzen einige zu Irish Folk, und am Fuße des Wawel, dem Burgberg und Wahrzeichen Krakaus, bearbeiten Gäste aus Afrika ihre Trommeln.

Sommerlich knapp bekleidete Teenager machen gemeinsam mit Mönchen und Nonnen in ihren Kutten, die nur wenig älter sind als sie, Halt für Selfies vor besonders pittoresken Gebäuden. Es sind außer Polen vor allem Italiener, Franzosen, Spanier und US-Amerikaner, aber auch mindestens 15.500 aus Deutschland.

"Ich bin sowas von platt", sagt Jonas Lixenfeld aus dem Bistum Rottenburg-Stuttgart. Damit meint der 19-Jährige nicht frühzeitige Weltjugendtags-Erschöpfung, sondern die polnische Gastfreundschaft, die er nun selbst erlebt hat. Auch Magdalena Hartmann, ebenfalls aus dem Bistum, ist immer noch begeistert, "mit welch' offenen Herzen wir hier empfangen werden".

Große polnische Gastfreundschaft

"Mein Highlight wird die Vigil sein", sagt Hartmann mit Blick auf die geplante abendliche Andacht am Samstag in der Nähe von Krakau mit Papst Franziskus. Sie freut sich darauf, mit dem Papst den Platz zu teilen und plant, auf der riesigen Wiese mit anderen Gleichgesinnten zu übernachten. Und wenn es regnet? "Macht nichts!"

Das bunte Treiben in der südpolnischen Metropole ist geradezu ein Gegenentwurf zu der Welt, die von den Terroristen angestrebt wird.

Nun sind alle gespannt, was Papst Franziskus sagen wird. An diesem Mittwoch wird er in Krakau erwartet.

Live vom Weltjugendtag

domradio.de überträgt in Kooperation mit Vatikan-TV und Radio Vatikan folgende Gottesdienste und Treffen mit Papst Franziskus beim Weltjugendtag in Krakau:

27. Juli

17 Uhr der Papst begegnet Vertretern von Staat und Gesellschaft und wird eine Ansprache halten

28. Juli

9.40 Uhr Franziskus betet in Tschenstochau vor dem Bild der "Schwarzen Madonna" und feiert auf dem Platz vor der Klosteranlage eine Messe

17 Uhr Messe mit offizieller Begrüßung des Papstes zum WJT im Błonia Park in Krakau

29. Juli

9.30 Uhr  Papst Franziskus besucht das Konzentrationslager Auschwitz

17.45 Uhr Papst Franziskus betet mit den Teilnehmenden des WJT im Błonia-Park den Kreuzweg.

30. Juli

10.15 Uhr Heilige Messe mit Priestern und Ordensleuten

18.50 Uhr Vigilfeier zum Höhepunkt und Abschluss des WJT

31. Juli

9.45 Uhr Papst Franziskus feiert auf dem Campus Misericordiae die Abschlussmesse des WJT

 


Deutsche WJT-Teilnehmer bei der Eröffnungsmesse / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Deutsche WJT-Teilnehmer bei der Eröffnungsmesse / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Der Weltjugendtag hat begonnen / © Pawel Supernak (dpa)
Der Weltjugendtag hat begonnen / © Pawel Supernak ( dpa )

Kardinal Dziwisz / © Radek Pietruszka (dpa)
Kardinal Dziwisz / © Radek Pietruszka ( dpa )

Das Weltjugendtagskreuz / © Radek Pietruszka (dpa)
Das Weltjugendtagskreuz / © Radek Pietruszka ( dpa )

Es kann endlich losgehen! / © Armin Weigel (dpa)
Es kann endlich losgehen! / © Armin Weigel ( dpa )

Krakau in Feierstimmung / © Armin Weigel (dpa)
Krakau in Feierstimmung / © Armin Weigel ( dpa )

Gute Stimmung trotz Regens / © Radek Pietruszka (dpa)
Gute Stimmung trotz Regens / © Radek Pietruszka ( dpa )

Für alle gut sichtbar / © Maciej Kulczynski (dpa)
Für alle gut sichtbar / © Maciej Kulczynski ( dpa )
Quelle:
KNA , DR