Jugendbischof Wiesemann zum Weltjugendtag 2016 in Krakau

"Auch ein Signal der europäischen Versöhnung"

In knapp einem Monat, am 26. Juli, beginnt der Weltjugendtag im polnischen Krakau. Jugendbischof Karl-Heinz Wiesemann formuliert im Interview seine Erwartungen an das Großevent, das Gebet und sozialpolitische Botschaft verbinden will.

Jugendbischof Karl-Heinz Wiesemann trifft Papst Franziskus / © Romano Siciliani (KNA)
Jugendbischof Karl-Heinz Wiesemann trifft Papst Franziskus / © Romano Siciliani ( KNA )

KNA: Herr Bischof, warum fahren Hunderttausende junge Katholiken zu den Weltjugendtagen, worin liegt der Reiz? Ist es eine Art katholisches Festival?

Bischof Karl-Heinz Wiesemann (Bistum Speyer): Die Weltjugendtage sind ein beeindruckendes und großes geistliches Event, zu denen junge Menschen aus aller Welt zusammen kommen. Wichtig sind zudem die Tage der Begegnungen, die den großen Veranstaltungen vorausgehen. Da findet im kleinen Rahmen, auf Ebene der Pfarreien ein intensiver Austausch statt. Es geht um eine Ermutigung für junge Menschen, die Welt gemeinsam zu gestalten.

KNA: Worauf freuen Sie sich besonders?

Wiesemann: Ein Höhepunkt ist für mich immer der Kreuzweg. Wenn Tausende Menschen gemeinsam beten und still werden. Diese Momente sind tief berührend.

KNA: Wie viele deutsche Jugendliche fahren nach Krakau? Sind Sie zufrieden mit der Resonanz? Leise Kritik gab es am Termin, weil er in vielen Bundesländern kurz vor den Sommerferien liegt...

Wiesemann: Für Süddeutschland mit den späten Ferienterminen ist das sicher nicht ganz ideal. Auch fällt das Treffen genau in die Prüfungszeit vieler Studenten. Wir rechnen aber dennoch mit einer Größenordnung von 15.000 bis 20.000 Teilnehmern aus Deutschland.

Genau wissen wir es nicht, weil viele auch individuell anreisen, ohne sich vorher mit ihren deutschen Gemeinden abzusprechen. Natürlich kann man sich immer mehr Anmeldungen wünschen. Aber die Zahlen zeigen klar, dass der Weltjugendtag nichts von seiner großen Anziehungskraft verloren hat.

KNA: Erwarten Sie, dass deutsche und polnische Jugendliche miteinander in Kontakt und ins Gespräch kommen werden?

Wiesemann: Ganz sicher, das zeigen die Erfahrungen der vorausgegangenen Treffen. Jetzt in Krakau können wir dabei auch auf den schon bestehenden Austausch und Kontakten zwischen polnischen und deutschen Gemeinden und Diözesen aufbauen und diese dann vertiefen. Ich hoffe, dass Freundschaften entstehen werden, die über die Dauer des Weltjugendtags hinausgehen.

KNA: Hat Papst Franziskus denn überhaupt eine Chance, die Jugendlichen zu erreichen? Noch immer verehren die polnischen Katholiken ja vor allem "ihren" Papst Johannes Paul II., der die Weltjugendtage erfunden hat.

Wiesemann: Da bin ich ganz sicher - mit dem großen Charisma von Franziskus ist das keine Frage. Und Johannes Paul II. ist als Heiliger auch immer gegenwärtig!

KNA: Wird Krakau 2016 nur ein religiöses Fest oder angesichts der derzeitigen Zerreißproben um die Zukunft der EU - gerade auch in Polen - auch ein politischer Weltjugendtag?

Wiesemann: Mit dem Weltjugendtag 2013 in Rio verband sich sehr wohl auch die politische Botschaft, mehr für Ausgegrenzte und Arme zu tun. Papst Franziskus ist dazu in die Favelas und zu Häftlingen gegangen. In Krakau steht die Botschaft der Barmherzigkeit im Mittelpunkt. Hier sehe ich viele Anknüpfungspunkte zur derzeitigen Flüchtlingsdebatte.

Ich hoffe, dass vom Weltjugendtag die Botschaft des weltweiten Christentums ausgeht, die Würde des Menschen uneingeschränkt zu achten und so die Welt zu einem - in den Worten von Papst Franziskus - gemeinsamen Haus aller Menschen als Schwestern und Brüder zu machen.

KNA: Das ehemalige Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau liegt nur wenige Kilometer von Krakau entfernt. Papst Franziskus wird dort der Ermordeten gedenken. Hoffen Sie, dass auch viele deutsche Teilnehmer nach Auschwitz gehen werden?

Wiesemann: Ja, denn gerade für uns Deutsche ist es wichtig, diesen Teil der Geschichte niemals aus dem Blick zu verlieren. Ein Besuch des Vernichtungslagers kann daher auch ein Signal sein, dass wir für die europäische Versöhnung einstehen.

Das Interview führte Volker Hasenauer.


Quelle:
KNA