Protestwelle in Brasilien

200.000 Demonstranten auf der Straße

Landesweit gehen in Brasilien Hunderttausende auf die Straße, um auf Missstände wie Korruption und Misswirtschaft aufmerksam zu machen. Die Demonstrationen verlaufen meist friedlich. In Rio kommt es zu Ausschreitungen.

Proteste in Brasilien (dpa)
Proteste in Brasilien / ( dpa )

Allein in Rio de Janeiro gingen laut Schätzungen rund hunderttausend Menschen auf die Straße. Wie in den meisten anderen Städten verlief die Demonstration friedlich. Erst beim späteren Sturm auf das Parlament kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei.

Eine kleine Gruppe Demonstranten zündete Autos und Barrikaden an. Im Parlamentsgebäude waren Polizisten und andere Personen stundenlang eingeschlossen. Die Polizei setzte Tränengas und Gummigeschosse ein. Presseberichten zufolge wurde auch scharf geschossen, mindestens ein Demonstrant erlitt eine Schussverletzung am Arm.

In São Paulo zogen die Protestler ebenfalls vor das Landesparlament. Wie in Brasilia kam es jedoch trotz der gespannten Stimmung nicht zu Ausschreitungen. Die Polizei verhielt sich außer in Belo Horizonte sehr zurückhaltend. Das brutale Vorgehen der Polizei gegen eine Demonstration in São Paulo am Donnerstag war einer der Anlässe für den landesweiten Protest am Montag.

Weltjugendtag im Juli

Das enorme Ausmaß der Proteste hat in Brasilien für Überraschung gesorgt. Präsidentin Dilma Rousseff erklärte am Montagabend, es sei das Recht der Demonstranten, friedlich zu protestieren. Seit 20 Jahren hat das wirtschaftlich aufstrebende Land keine solche Protestwelle erlebt.

Ausgangspunkt der Demonstrationen war vor über zwei Wochen die Erhöhung der Fahrpreise für öffentliche Verkehrsmittel in mehreren Städten. Kurz darauf kritisierten Demonstranten, dass zu wenig in öffentliche Dienstleistungen wie Bildung und Gesundheit invertiert werde. Korrupte Politiker sowie fehlende Transparenz seitens der Regierenden sind weitere Kritikpunkte der Bewegung.

Zudem wenden sich die Proteste gegen die hohen Kosten, die die Fußball-WM 2014 und die Olympiade 2016 verursachen. Derzeit wird in Brasilien in Vorbereitung auf die Fußball-WM der Confederations-Cup ausgetragen. Im Juli wird der Papst zum Weltjugendtag erwartet.

25 Neugeborene sterben in überfülltem Krankenhaus

Mindestens 25 Neugeborene sind in den vergangenen zwei Wochen in einem Krankenhaus in der nordbrasilianischen Stadt Belem gestorben. Wie die brasilianische Presse berichtet, macht die örtliche Ärztegewerkschaft Überbelegung sowie mangelnde hygienische Bedingungen für die Todeswelle in dem Hospital verantwortlich. Die Krankenhausleitung erklärte, die Todesfälle seien auf Risikoschwangerschaften zurückzuführen. Zudem hätten die Mütter nicht die notwendigen Voruntersuchungen durchgeführt.

In dem Krankenhaus «Santa Casa de Misericordia» werden den Berichten zufolge monatlich rund 600 Geburten begleitet. Es verfügt über 67 Betten. Laut der Ärztegewerkschaft führt der Mangel an Personal dazu, dass sich ein einziger Arzt um bis zu 20 Neugeborene gleichzeitig kümmern muss. Zudem seien wegen Platzmangels die Neugeborenen auf engstem Raum zusammengelegt worden; dies habe zu Infektionen geführt.

Nach Angaben der Krankenhausleitung starben lediglich drei Babys aufgrund von Infektionen. Die Behörden in Belem ermitteln.


Quelle:
epd , dpa , KNA