Weihnachtsbäume als Hoffnungszeichen für Flutopfer

500 Mal Weihnachtsstimmung per Lieferung

Ein Weihnachtsbaum löst keine existenziellen Probleme. Aber er bringt Licht und lässt Weihnachtsstimmung aufkommen. Das kann in den Flutgebieten nicht schaden. So organisiert ein Team 500 Bäume plus Deko für das Ahrtal.

Autor/in:
Von Anna Fries
Weihnachtsstimmung fürs Ahrtal / © IgorAleks (shutterstock)
Weihnachtsstimmung fürs Ahrtal / © IgorAleks ( shutterstock )

500 Weihnachtsbäume hat Christian Pohlmeyer bereits für das Ahrtal zusammen. Sie sollen etwas Licht und Freunde in den Alltag der Flutopfer bringen, nun, da die Tage kürzer, dunkler, melancholischer sind, wie er sagt. Ein Stück Weihnachtsstimmung für Menschen, für die die Flutkatastrophe auch Monate später jeden Tag neue Herausforderungen bereithält und Gedanken an Advent und Weihnachten auf der Prioritätenliste weit nach hinten rücken lässt.

Licht ins Ahrtal bringen

"Ein wenig Weihnachtsstimmung kann auch mit einem geschmückten Baum im Vorgarten aufkommen", sagt Pohlmeyer. Der 42-Jährige aus Herzebrock-Clarholz im Sauerland setzt für dieses Ziel seit Wochen zahlreiche Hebel in Bewegung. Hunderte Nordmanntannen "bester Wahl" zwischen 1,60 und 2,40 Metern Höhe hat er organisiert - und ebensoviele Spender, die für je 25 Euro einen Baum stiften. "Lasst uns Licht in's Ahrtal bringen", ist die Aktion überschrieben.

"Weihnachtsbaum-Station"

Jetzt ist es soweit: Pohlmeyer und Team bringen die Bäume am zweiten Adventswochenende ins Ahrtal. In Walporzheim richten sie an der Josefskapelle eine "Weihnachtsbaum-Station" ein; weitere Tannen liefern sie beispielsweise nach Dernau, Rech, Mayschoß, Ahrweiler, Sinzig oder Bad Bodendorf. "Jeder betroffene Haushalt, der möchte, kann sich einen Baum abholen", sagt Pohlmeyer. Zusätzlich lieferte er in der Woche vor dem ersten Advent an etwa zehn Kitas im Ahrtal einen Weihnachtsbaum, damit sie zum ersten Advent mit einem geschmückten Baum die Adventszeit einläuten können.

Privatinitiative

Noch im Sommer kannte Pohlmeyer im Ahrtal niemanden. Von der Flut erfuhr er im Urlaub und fuhr zehn Tage später übers Wochenende mit einer Gruppe aus Herzebrock-Clarholz erstmals zum Helfen ins Katastrophengebiet. Pohlmeyer unterstützte Privatpersonen in Walporzheim, schippte Schlamm, stemmte Estrich raus, räumte Häuser leer. Er lernte Menschen kennen, denen die Flut ihr Zuhause genommen hatte, hörte ihre Geschichten aus der schicksalhaften Nacht - von Verlusten, der Trauer um Freunde, Angehörige.

Abschiedsgeschenk

Die Eindrücke des ersten Wochenendes bewegten ihn und ließen ihn wochenlang immer wieder kommen - so erzählt es Pohlmeyer. Mindestens einmal pro Woche fuhr der 42-Jährige seitdem zum Helfen ins Ahrtal, 230 Kilometer, zweieinhalb Stunden ein Weg; oft mit weiteren Freiwilligen aus Herzebrock-Clarholz. Als Projekt richteten sie die Josefskapelle in Walporzheim wieder her, verlegten Leitungen, verputzten. Die Weihnachtsbäume sollen nun ein Abschiedsgeschenk sein.

Nun wirkt ein Christbaum vor allem auch dank Lichtern und Schmuck weihnachtlich - Dekoration, die oft im Keller lagert und die viele Betroffene in den Wassermassen verloren. Doch auch hier ist die Spendenbereitschaft groß. Zur Koordination hat sich ein ganzes Team gefunden: Die Ahrtal-Schmiede etwa fertigte 200 Weihnachtsbaumständer aus alten Hufeisen. Physiotherapeutin Bettina Maurer aus der Nähe von Koblenz koordiniert die Schmuck-Spenden.

Gespendete Weihnachtsdeko

Das sprach sich in Sozialen Medien schnell herum, und so kamen in den vergangenen Wochen täglich Pakete aus ganz Deutschland bei Maurer an: Menschen schickten Lichterketten, Deko, Kugeln, selbst gestrickte Mützen und Handschuhe oder Gläser mit selbstgekochter Marmelade, wie Maurer berichtet. Irgendwann suchte sie eine Lagerhalle, um alles unterbringen zu können. Zusammen mit Helfern packte sie nach Farben sortierte Deko-Päckchen, die zusammen mit den Weihnachtsbäumen verteilt werden sollen.

Doch wie vieles in Sozialen Medien polarisiert die Aktion und erntet neben viel Zuspruch und Unterstützung auch negative Kommentare, etwa in der Richtung, die Menschen im Ahrtal bräuchten keinen Tannenbaum, sondern Handwerker oder Geld. Von Betroffenen werde die Aktion aber gut angenommen, sagt Pohlmeyer. Außerdem habe er die Idee vorab mit Menschen im Ahrtal besprochen, und viele Familien hätten geäußert, gerne einen Baum zu nehmen - und etwa im Vorgarten aufzustellen, wenn das im Haus noch nicht möglich sei.

Pohlmeyer hofft auf ein wenig Weihnachtsleuchten: "In dieser Ausnahmesituation bringt so ein Baum natürlich nicht viel, aber vielleicht ein bisschen was, als leuchtendes Symbol für die Weihnachtszeit."


Quelle:
KNA