Zum 250. Geburtstag des "O du fröhliche"-Dichters Johannes Falk

Der Jugendsozialarbeiter

Wer kennt es nicht, das Weihnachtslied "O du fröhliche". Der Dichter hingegen, der der sizilianischen Fischerweise den deutschen Text unterlegt hat, ist weit weniger bekannt.

Autor/in:
Karin Wollschläger
Familie singt gemeinsam Weihnachtslieder / © Jörg Löffke (KNA)
Familie singt gemeinsam Weihnachtslieder / © Jörg Löffke ( KNA )

"O du fröhliche" ist eines der bekanntesten Weihnachtslieder. Doch es entstand 1815 in einem alles andere als fröhlichen Kontext - inmitten von Elend, Krankheit, Not und Verwahrlosung als Folge der napoleonischen Kriege. Geschrieben hat es der Dichter Johannes Daniel Falk, der kurz zuvor in Weimar das "Rettungshaus für verwahrloste Kinder" gründete. Diesen Waisenkindern widmete er das Lied, das, mit der Melodie eines sizilianischen Marienlieds verbunden, seinen Siegeszug durch die kirchlichen Gesangbücher antrat.

Geboren wurde Falk vor 250 Jahren am 28. Oktober 1768 in Danzig als zweites Kind des Perückenmachermeisters Johannes Falk und seiner Ehefrau Constantia. Vier Jahre schickte sein Vater ihn zu Schule. Das müsse reichen. Der Junge solle ein Handwerk lernen, in der Perückenwerkstatt zur Hand gehen und sich ja von "eitlem Teufels- und Narrenwerk" wie Literatur fernhalten. Doch der junge Bursche hatte ein Faible für Bücher und verschlang heimlich alle, derer er habhaft werden konnte. Der Überlieferung nach soll er nach Feierabend immer unter einer Straßenlaterne gelesen haben, was einem Engländer auffiel, der sich fortan um die Bildung und den weiteren Schulbesuch des Jungen kümmerte.

Eine schicksalhafte Bekanntschaft

Mittels eines Stipendiums konnte Falk schließlich in Halle ein Theologiestudium beginnen. Dort wurde der Dichter Christoph Martin Wieland auf das poetische Talent des Studiosus aufmerksam. Eine schicksalhafte Bekanntschaft, in deren Folge Falk die Theologie an den Nagel hing und sich dem Schreiben von Satiren zuwandte. Der Erfolg beim Publikum ermutigte ihn, fortan als Schriftsteller zu leben. Mit 28 Jahren zog er mit seiner Ehefrau Caroline schließlich auf Bitten seines Förderers Wieland als Privatgelehrter nach Weimar, seinerzeit das geistig-intellektuelle Zentrum schlechthin.

Als 1806 nach der Schlacht bei Jena und Auerstedt französische Truppen plündernd durch die Stadt ziehen wollten, soll ihnen Falk mit diplomatischem Geschick Einhalt geboten haben: Er sorgte für die Verpflegung der Truppen und bewahrte damit die Stadt vor weiterem Schaden. Der französische Stadtkommandant machte ihn daraufhin zum Dolmetscher und Sekretär. Weimars Herzog Carl August beförderte ihn schließlich 1807 zum Legationsrat, ausgestattet mit einem festem Jahresgehalt. Derart abgesichert wuchs Falks Familie heran.

Schattenseiten der Zeit

Aber auch im lichten Weimarer Klassik-Idyll gab es Schatten, den Typhus zum Beispiel. 1813 starben vier seiner insgesamt zehn Kinder an der Krankheit. Doch nicht nur deshalb geriet es zum Schicksalsjahr für Falk: Von der Not vieler Kinder in der Stadt, die durch den Krieg verwaist und verelendet waren, aufs Tiefste angerührt, gründete er in Weimar die "Gesellschaft der Freunde in der Not". Sie betrieb in bürgerschaftlichem und christlichem Geist Fürsorgeeinrichtungen für eltern- oder heimatlos gewordene Kinder. So entstand etwa das "Falksche Institut", ein Rettungshaus für Waisenkinder.

Er selbst widmete er sich dem Projekt fortan mit aller Kraft und allen Mitteln: Aus dem Schriftsteller wurde quasi über Nacht ein Jugendsozialarbeiter. Für sein "Falksches Institut" entwickelte er eine für seine Zeit völlig neue Pädagogik: "Ohne Kette, ohne Zwang, ohne Schläge" sollten die Kinder aufwachsen. Er setzte auf eine Erziehung der Freiheit, die er so umschrieb: "Wir schmieden unsere Ketten inwendig und verschmähen die, die man außen anlegt." Falks Projekt gilt als erste moderne sozial-pädagogische Ausbildungsstätte in Deutschland. Sie wurde zum Vorbild für ähnliche Einrichtungen in anderen europäischen Städten.

In Falks Jahresbericht für 1816 führt er übrigens "O du fröhliche" schon in der Liste der Lieder auf, die die Kinder auswendig können und singen mussten. Damals war es allerdings noch als "Allround"-Lied konzipiert, das auch an Ostern und Pfingsten gesungen werden konnte. So hieß es in der ursprünglichen Fassung der zweiten Strophe: "Gnadenbringende Osterzeit" und "Welt lag in Banden, Christ ist erstanden". Den Weg zur Auferstehung trat Falk am 14. Februar 1826 an - er starb im Alter von 57 Jahren in Weimar.


Quelle:
KNA