Weihnachten hält Einzug in die Supermärkte

Knabberei mit Konfliktpotenzial

Vor kurzem herrschten noch 30 Grad und Sonnenschein. Doch pünktlich zum meteorologischen Herbstanfang zieht das Weihnachtsgebäck rund um Spekulatius und Lebkuchen in die Supermärkte ein. Ein Thema mit Konfliktpotenzial.

Autor/in:
Anna Fries
Printen in der Auslage einer Bäckerei / © Anna Fries (KNA)
Printen in der Auslage einer Bäckerei / © Anna Fries ( KNA )

Es duftet schon auf der Straße nach Anis, Zimt und Koriander. Durch den Laden geht es in die verwinkelte Backstube; vorbei am Ofen, an Wagen mit geformten Printen, Blechen mit Teigwaren, die bald mit Mandeln überzogen werden, vor bis zum Herz der Bäckerei: dorthin, wo der Printenteig hergestellt wird.

Printen - Aachener Spezialität

"Jede Printe in Aachen schmeckt anders, weil jeder Bäcker andere Gewürze benutzt - die natürlich geheim sind", erklärt Bäckermeister Andreas Klein. Er leitet den Familienbetrieb in der Aachener Innenstadt in vierter Generation. Das Rezept für den Teig stammt von seinem Urgroßvater.

Lambertz, Nobis, van Rey oder van den Daele: Aachener Printenhersteller sind überregional bekannt. "Aachener Printe" ist ein geschützter Begriff. Das seit etwa 1820 dort hergestellte lebkuchenähnliche Gebäck darf nur in der Region produziert werden.

Der Unterschied zum Lebkuchen: Während dafür Eier und Fette benötigt werden, kommt der Printenteig mit Zuckerrübensirup als einzig flüssiger Zutat aus - was den Teig hart macht. Ein Gütezeichen, wie Klein erklärt. Wer es lieber weich mag, für den werden die gebackenen Süßigkeiten eine Woche in einem Raum mit hoher Luftfeuchtigkeit gelagert und anschließend mit Schokolade überzogen.

Weihnachten zieht in deutsche Supermärkte ein

Während in Aachen derzeit die Produktion für die nächsten Monate hochgefahren wird, zieht Weihnachten bereits in die deutschen Supermärkte ein - ein Umstand, der die Gemüter erhitzt. Wann der richtige Zeitpunkt für den Verkauf von Dominosteinen, Spekulatius und Lebkuchen ist, ist jedes Jahr umstritten. Laut einer Umfrage des Marktforschungsinstituts GfK im vergangenen Jahr sind drei Viertel der Verbraucher gegen einen Verkauf Anfang September. Zwei Drittel sprachen sich dafür aus, dass die Waren erst im November in den Regalen liegen. Die Hersteller greifen deshalb immer öfter zu dem Trick, die Produkte als Herbstgebäck zu deklarieren.

"Das ist nicht unsere Welt", sagt Bäcker Klein. Wegen der typischen Gewürze würden Printen besonders mit Weihnachten verbunden, in der Region aber das ganze Jahr über hergestellt und verkauft. Der ungewöhnliche Name verweist auf das Verb printen (drücken), erklärt der Bäcker. Ursprünglich wurde der Teig in ein großflächiges Model-Holz gedrückt - und zwar oft in Form christliche Motive wie etwa Sankt Martin. Mit der Zeit etablierte sich die kleinere längliche Form.

Neben Eimern mit Nelken, Zimt und Anis steht in der Mitte der Bäckerei die Printenmaschine, in die oben der weich geknetete Teig hineinkommt und durch eine Rolle gedreht wird. Unten kommen die länglich geformten Printen heraus. Fünf Reihen mit je fünf Stück passen auf ein Blech. Danach benetzt ein Mitarbeiter die ausgestochene Teigmasse mit Wasser und tunkt sie kopfüber in Mandeln.

"Hier ist viel Handarbeit, auch wenn die Printen selbst nicht mehr von Hand ausgestochen werden", sagt Klein. Er selbst arbeitet in der Hauptgeschäftszeit sechs Tage pro Woche in der Bäckerei. Im Dezember klappert er sonntags die Weihnachtsmärkte ab, um Kontakt zu den Verkaufsständen zu halten.

Zimtsterne, Dominosteine, Spritzgebäck und Vanillekipferl

Harte und weiche Kräuterprinten, mit Zucker- oder Schokoüberzug, mit Nüssen oder Mandeln - der Vielfalt sind keine Grenzen gesetzt. Das ursprüngliche Bildgebäck mache heute nur einen kleinen Teil der Produktion aus, sagt Klein. Die Bäckerei hat zudem ein Patent auf eine Eigenkreation: das Printenkonfekt - weiche Printen in Nussgröße, überzogen mit Mandeln und Schokolade.

Laut Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie verspeist jeder Deutsche etwa ein Kilogramm Weihnachtsgebäck pro Jahr. Am stärksten nachgefragt sind Lebkuchen mit 38 Prozent, gefolgt von Spekulatius und Stollen mit je 21 Prozent. Dazu vernaschen die Konsumenten Zimtsterne, Dominosteine, Spritzgebäck und Vanillekipferl.

Der Bäckermeister sieht das industriell hergestellte Weihnachtsgebäck nicht als Konkurrenz. Denn: Mit der Massenproduktion sei die Printe erst bekannt geworden. Auch kann der Familienbetrieb zu ganz anderen Bedingungen produzieren - Qualität vor Quantität. Damit die Gewürze ziehen können, lagert der Teig mehrere Tage - ein weiterer Luxus, den ein Industriebetrieb kaum leisten kann, der sich aber im Geschmack bemerkbar macht.


Lebkuchen (dpa)
Lebkuchen / ( dpa )

Zimtsterne / © Jörg Loeffke (KNA)
Zimtsterne / © Jörg Loeffke ( KNA )

Gepa: Faire Schokolade für den Weihnachtsteller / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Gepa: Faire Schokolade für den Weihnachtsteller / © Elisabeth Schomaker ( KNA )
Quelle:
KNA