Wie verläuft Weihnachten in einem Kinderheim?

Weihnachten ist mehr als nur Familie

Alle sitzen gemeinsam um den Baum herum, singen Weihnachtslieder und sind bei Kerzenschein friedlich zusammen. Für viele ist Weihnachten das Fest der Familie. Wie gestalten sich diese Tage eigentlich in einem Kinderheim? 

 (DR)

DOMRADIO.DE: Wie sehen denn in Ihrer Einrichtung die Weihnachtsfeierlichkeiten aus?

Christiane Heinen (Kinder- und Jugendhilfe St. Josef der Caritas Köln): Die Kinder, die nach Hause fahren können, sind natürlich über Weihnachten bei ihren Familien. Auch für Kinder in Kinderheimen bedeutet Weihnachten wie für alle Menschen: Familie, Geschenke, Besinnlichkeit. Aus diesem Grunde legen wir unsere Weihnachtsfeier einen Tag vor. Wir feiern daher schon mit einer Kindermesse und der Weihnachtsgeschichte einen Tag vorher.

DOMRADIO.DE: Weihnachten als Familienfest – aus welchen Familien kommen die Kinder?

Heinen: Die meisten unserer Kinder kommen aus Familien, die mit der Erziehung überfordert sind. Dazu haben wir minderjährige Flüchtlinge, schon seit dreißig Jahren und die leben auch bei uns. Es gehen eher wenige Kinder an den Weihnachtstagen nach Hause. Die Eltern können hingegen auch zu uns kommen und die Kinder besuchen, auch das ist oftmals wichtig. Insgesamt versuchen wir auch, mit den Kindern etwas Besonderes zu machen.

DOMRADIO.DE: Haben Sie an Weihnachten besondere Rituale?

Heinen: Die Rituale fangen, wie gewöhnlich, schon in der Adventszeit an. Es gibt einen Adventskalender, den jedes Kind am Abend aufmachen darf und je nach Gruppe wird vorher eine Geschichte vorgelesen. Wir versuchen auch immer einen sozialen Aspekt einzubauen und packen beispielsweise Tüten für Obdachlose – so vermitteln wir durch Rituale auch Werte.
Generell hat die abendliche, besinnliche Zeit mit Kerzen etwas, was die Gemeinschaft fördert, so wie Rituale das oft tun.

DOMRADIO.DE: Kommen gerade an Weihnachten auch Fragen der Kinder hervor, die kritisch auf die eigene Familie gestellt sind?

Heinen: Ja, aber die sind auch ganzjährig da. Wir klären schon im Vorfeld mit den Familien und Jugendämtern, ob es Sinn macht, dass die Kinder nach Hause können. Sobald das nur irgendwie möglich ist, können die Kinder natürlich nach Hause. Für die minderjährigen Flüchtlinge schauen wir ebenso, dass die Weihnachtstage gut verlaufen – das muss man manchmal anders auffangen. Da stellen sich Fragen zur Familie ganz anders.

DOMRADIO.DE: Können die Kinder und Jugendlichen die Festtage auch selbst mitbestimmen?

Heinen: Wir legen schon Wert darauf, dass sie mitmachen und gestalten. Auch dadurch wird das Bewusstsein gestärkt, das Weihnachten mehr ist als nur Geschenke und Besinnlichkeit.

Das Gespräch führte Silvia Ochlast.


Quelle:
DR