Wann beginnt eigentlich Weihnachten?

Vesper, Vigil und Credo

"Frohe Weihnachten" wünschen sich viele Menschen bereits in den Tagen vor dem großen Geburtsfest Jesu Christi. Doch ist das eigentlich korrekt? domradio.de-Liturgie-Redakteur Jan Hendrik Stens gibt eine, manche beruhigende, Antwort.

Autor/in:
Jan Hendrik Stens
Weihnachten im Vatikan / © Maurizio Brambatti (dpa)
Weihnachten im Vatikan / © Maurizio Brambatti ( dpa )

"Ich wünsche dir frohe Weihnachten": Meist will man mit diesem Ausspruch dem Gegenüber den Wunsch für frohe und gesegnete Festtage zum Ausdruck bringen, schließlich sieht man sich in der Regel erst danach das nächste Mal wieder. Aber wie sieht es da im engeren Freundes- und Familienkreis aus? Ab wann darf man sich hier "Frohe Weihnachten" wünschen?

Feier der Vesper am Vorabend

Nicht selten wartet man ab, bis eine bestimmte Geduldsprozedur durchlaufen ist. Das kann der – meist nachmittägliche – Besuch des Gottesdienstes oder aber das Familienritual vor der Bescherung sein. Andere wiederum warten bis Mitternacht. Liturgisch beginnt Weihnachten wie die meisten anderen Hochfeste und Sonntage am Vorabend mit der Feier der Vesper in den späten Nachmittags- oder frühen Abendstunden. Doch soll man sich zu dieser Zeit bereits ein frohes Weihnachtsfest wünschen, wenn man die Vesper gar nicht mitfeiert?

Für Besucher der Messe in der Heiligen Nacht – sicherlich der Höhepunkt von Weihnachten – empfiehlt das Directorium (eine Art liturgischer Wegweiser, den jede Diözese jährlich herausgibt) vorab das Beten der Lesehore als feierliche Vigil. Diese Tradition der weihnachtlichen Vigilfeier lebt in zahlreichen musikalischen Einstimmungen oder Vorfeiern, die meist in abgedunkelter Kirche bei Kerzenschein stattfinden, fort. Der Sinn ist hier, aus dem weihnachtsmarktgeprägten Trubel heraus noch einmal die Stille des Advents zu erleben, die in unseren Tagen immer seltener geworden ist, und Wache (lat. vigilare) zu halten.

Unterschiedliche Schrifttexte

In der Heiligen Nacht und am frühen Morgen wird die Geburtsgeschichte Jesu aus dem Lukasevangelium verkündet. In vor allem ländlichen Regionen ist die Messe am frühen Weihnachtsmorgen noch als Hirtenamt oder als Uchte bekannt. Als drittes Messformular gibt es dann noch die Feier "am Tag". Diese unterscheidet sich vor allem dadurch, dass als Evangelium der Johannesprolog zu hören ist. Mancher Zeitgenosse tut sich jedoch etwas schwer mit diesem auf den ersten Blick wenig weihnachtlich klingenden Text und verwendet dann auch am Tag wieder die Passagen aus dem Lukasevangelium.

Doch wer sich aufmerksam einmal die Passage Joh 1,1-18 durchliest, wird merken, dass dieser Text das Festgeheimnis vielleicht sogar noch besser – wenn auch nüchterner – zusammenfasst und unserer Lebenswirklichkeit vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse noch näher kommt, als es die Erzählung bei Lukas vermag ("… aber die Welt erkannte ihn nicht." – "… aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.").

Hinknien beim Glaubensbekenntnis

Eine Besonderheit ist jedoch allen Weihnachtsmessen eigen: Zu den Worten "hat Fleisch angenommen" im Glaubensbekenntnis knien alle nieder. Ist dies in der außerordentlichen Form der römischen Liturgie bei jedem Credo so üblich, wurde die Ehrerbietung in der neuen Liturgie auf Weihnachten und das Hochfest der Verkündigung des Herrn exakt neun Monate vorher beschränkt. Zu den übrigen Anlässen erfolgt eine Verneigung.

Doch vielfach entfällt das Hinknien an dieser Stelle auch an besagten beiden Tagen, da entweder kein geeignetes Credo-Lied gesungen oder aber gerade an Weihnachten das gesamte Ordinarium durch volkstümliche Lieder ersetzt wird. Wahrscheinlich sind es wir Deutschen, die das Messordinarium in ihrer Muttersprache am schlechtesten beherrschen.

Art und Weise des Feierns entscheidend

Weihnachten kann man auf die unterschiedlichste Art und Weise feiern. Aber wann man sich dann wirklich gegenseitig ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest wünscht, hängt genau davon ab, wie man das Fest begeht. Gleichbleibend ist hingegen das Festgeheimnis, nämlich dass Gott Mensch wird und in unser armseliges Leben kommt. Diese Botschaft geht auch über Weihnachten hinaus.

 

Jan Hendrik Stens / © Gerd Lödige (DR)
Jan Hendrik Stens / © Gerd Lödige ( DR )
Quelle:
DR